Ein negatives Image

FRANKREICH Der Islam gilt einer großen Mehrheit der Bevölkerung als absolut intolerant und bedrohlich

AUS PARIS RUDOLF BALMER

Eine Umfrage für die Zeitung Le Monde hat jüngst bestätigt, dass sich das Bild, das eine Mehrheit der Franzosen vom Islam hat, zunehmend verschlechtert. 72 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass es sich um eine „intolerante“ Religion handle, für 74 Prozent ist sie unvereinbar mit den Grundwerten der weltlichen französischen Republik. Im Vergleich dazu halten (trotz Jahrhunderten antiklerikaler Polemik und antisemitischer Klischees) nur 28 Prozent den Katholizismus sowie 34 Prozent die jüdische Religion für intolerant.

Falls es noch eines Beweises bedurfte, bestätigt diese repräsentative Befragung des Meinungsforschungsinstituts Ipsos, dass die Bemühungen der Behörden, den Islam als französische Konfession wie andere zu integrieren, weitgehend gescheitert sind. Obwohl schon seit Jahrhunderten Muslime in Frankreich leben, kommt ihre Religion heute einer Mehrheit fremd vor, das heißt als ausländische Religion von Einwanderern oder früheren Kolonien. Bezeichnenderweise variieren die Aussagen nach Kategorien politischer Sympathien nur wenig. Im Unterschied dazu meinen 83 Prozent der Rechtswähler, es gebe zu viele Ausländer in Frankreich, diese Ansicht wird von 44 Prozent der Linkswähler geteilt.

Laut Le Monde sinkt die Wertschätzung des Islam von Umfrage zu Umfrage. Mehr als die Hälfte der Befragten meint, dass die Muslime mehrheitlich religiöse „Fundamentalisten“ seien, wobei dieser Begriff ziemlich unscharf definiert bleibt. Die Wünsche der Muslime nach Moscheen oder bezüglich Kleidung und Nahrung in Schulen und Institutionen stoßen auf Ablehnung und werden als Ärgernis empfunden. So wollen 72 Prozent nicht, dass in Schulkantinen Menüs serviert werden, die mit Halal-Vorschriften konform sind.

Der Religionsphilosoph Abdennour Bidar schreibt in seinem Kommentar zu diesen Umfrageergebnissen: „Auch wenn man vom Kontext einer diffusen Angst und einem konstanten Sockel an Intoleranz absieht, stellen diese Zahlen eine deutliche Warnung für die Muslime dar. Diese müssen sich kritische Fragen zum Islam stellen.“ Er sieht aber auch die politische „Multikulti“-Ideologie als mitschuldig. Diese hatte aus Angst vor rassistischen Ressentiments lange jede Debatte über die schlechte Integration des Islam zu einem Tabu erklärt. Damit habe sie das Thema der extremen Rechten überlassen.