Schlafen in Karlsruhe

ELITE Während der NSU-Ermittlungen hat die Karlsruher Bundesanwaltschaft keine überlegenen Fähigkeiten gezeigt

Wenn sie denn zuständig gewesen wäre: Hätte die Bundesanwaltschaft die Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds gefunden und ihre Morde verhindert? Dass sie es hätte, ist die unausgesprochene Hoffnung, wenn heute gefordert wird, dass die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe aufgewertet werden soll. Doch auch ihre Mitarbeiter sind nicht alle klüger, sensibler und strategischer als die Kollegen der Staatsanwaltschaften in Stadt und Land.

Als 2006 der Polizeiprofiler Alexander Horn endlich einen ausländerfeindlichen Hintergrund der Mordserie an migrantischen Kleingewerblern vermutete, schrieb ein Karlsruher Oberstaatsanwalt einen Vermerk. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Täter aus einer rechtsextremistischen Haltung gehandelt habe, vielmehr spreche alles für einen persönlichen Rachefeldzug. Eine Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft liege also weiterhin nicht vor.

Laut Profiler war es ein Rachefeldzug gegen Türken, die die Täter nicht kennen. Eigentlich ist das eine klare Beschreibung für rassistische Gewalt – aber bis vor wenigen Jahren nicht bei der Bundesanwaltschaft.

Zwar hat sich die Behörde intern und extern bestätigen lassen, dass sie im Umgang mit den NSU-Vorgängen keine Rechtsfehler gemacht hat. Sie hat jedoch nicht erkennen lassen, dass gerade bei ihr das Potenzial säße, mit dem das Versagen der Sicherheitsbehörden hätte verhindert werden können.

Andererseits: Wenn die Bundesanwaltschaft federführend zuständig gewesen wäre, dann hätten sich eben nicht nur einzelne Juristen mit den Morden der NSU-Terroristen beschäftigt, sondern der ganze Apparat – und dann wäre vielleicht doch das mörderische Puzzle richtig gelöst worden. CHR