Ein Türke, der Schweinsbraten liebt

INTEGRATION In seinem Krimidebüt „Kommissar Pascha“ leuchtet Su Turhan mit feiner Ironie die vielen Facetten deutsch-türkischer Bikulturalität aus

Su Turhan zeichnet seine Figuren mit sehr liebevoller und genau richtig dosierter Ironie

Warum haben Münchner Kommissare bloß immer diesen Sinn für kulinarische Lebensart? Ist das ein reines Krimiklischee, oder sind sie etwa auch im wirklichen Leben solche Genussmenschen, die Männer von der Isar?

Zeki Demirbilek jedenfalls macht da keine Ausnahme, dieser nette neue Kommissar, der, gläubiger Muslim hin oder her, für sein Leben gern Schweinsbraten isst. Auch das Weißbier gehört zum Dasein einfach dazu. Schließlich ist Zeki nur einerseits Türke, andererseits aber eben Münchner.

Diese Doppelidentität teilt der Kommissar mit seinem Autor. Zeki Demirbilek entstammt der Feder des in Istanbul geborenen und in München lebenden Su Turhan, der eigentlich Filmregisseur ist, mit „Kommissar Pascha“ aber zeigt, dass er auch andere Talente besitzt.

Sein Krimidebüt lebt von farbigen Milieuschilderungen und souveräner Figurenzeichnung. Die Bikulturalität des deutsch-türkischen Milieus und die Spannungen, die sich aus der Fusion beider Lebensarten ergeben können, ist ein dominierendes Thema im Roman, geschickt in eine Kriminalhandlung versponnen.

Kommissar Zeki Demirbilek ist zum Leiter einer neu gegründeten Einheit der Münchner Kripo berufen worden, der sogenannten Migra, die zur Aufgabe hat, Verbrechen aufzuklären, an denen Migranten beteiligt sind. Gleich nach Gründung der Abteilung gibt es schon alle Hände voll zu tun, denn es gilt drei Morde auf einmal aufzuklären, die alle zusammenhängen. Zweien der Opfer wurde zudem mit Reißnägeln ein arabischer Schriftzug in die Brust gestanzt, der „Teufel“ bedeutet.

Eine für die Ermittlungen zentrale Figur ist die reiche Erbin Gül Güzeloglu, deren Vater ein Dönerimperium sein eigen nennt und der seine Tochter mit dem Erben eines konkurrierenden Unternehmens aus der Türkei verheiraten will. Da Gül die Familienehre wichtig ist, hat sie, eine szenebekannte Lebedame, dem Vater zuliebe bisher ihre Jungfräulichkeit bewahrt. Doch als die Dinge sich zuspitzen, hat auch Gül nicht mehr alles unter Kontrolle.

Durch die Genrebrille gesehen, ist „Kommissar Pascha“ als Krimi im Grunde mäßig originell. Auch nimmt die Erörterung von Zekis komplexem Privatleben verhältnismäßig viel Raum ein. Dennoch macht die Lektüre Spaß, denn Su Turhan zeichnet seine Figuren mit sehr liebevoller und genau richtig dosierter Ironie. Zekis Pascha-Allüren, die der abgeklärte Großstadtbulle einfach nicht ablegen kann, werden denn auch von seiner Umgebung mit ebenso nachsichtigem Augenzwinkern toleriert.

So müssen die beiden fähigen jungen Kriminalbeamtinnen, die Zeki zur Seite gestellt wurden, zwar auch den Çay kochen, den der Kommissar zur Erledigung der Ermittlungsarbeit benötigt. Doch das sehen die Damen dem Chef als kleine Gedankenlosigkeit nach. Die Münchner sind halt entspannt. Die Einzige, die in diesem Ermittlerteam immer vorschnell agiert und dabei ordentlich auf die Nase bekommt, ist die junge Polizistin Ayşe Cengiz. Die ist gerade erst aus Berlin zugezogen.

KATHARINA GRANZIN

Su Turhan: „Kommissar Pascha“. Ein Fall für Zeki Demirbilek. Knaur, München 2013, 326 Seiten, 8,99 Euro