Bildungsträger, vereinigt euch!

GENOSSENSCHAFT In Südniedersachsen haben sich Bildungsträger zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen. Die realisiert vor allem gemeinsame Integrationsprojekte

„Statt Migranten mit einem Laufzettel von Institution zu Institution eilen zu lassen, bieten wir einheitliche Ansprechpartner“

MATTHIAS WESELMANN, BIGS

VON BIRK GRÜLING

Die Bildungsgenossenschaft Südniedersachsen (BIGS) ist ein Zusammenschluss von 28 kleineren und größeren Bildungsträgern aus der Region Göttingen. Zusammengefunden hat man sich 2002 im Rahmen der bundesweiten Initiative „Lernende Regionen-Förderung von Netzwerken“. „Unsere Idee war es, die Bildungsakteure der Region an einen Tisch zu bringen. Als Netzwerk wollen wir uns gegenseitig stärken und gleichzeitig sollen die einzelnen Genossen in ihrer Arbeit eigenständig bleiben“, erklärt Roland Drubig, einer von drei ehrenamtlichen Vorständen, das Grundprinzip.

Vertreten sind neben der Handwerkskammer oder der Volkshochschule auch kleinere Vertreter mit Nischenprogrammen wie die Evangelische Erwachsenenbildung oder das Institut für angewandte Kulturforschung.

Genossenschaftsmodelle sind im deutschen Erwachsenenbildungssystem eher selten. Normalerweise herrscht unter den Trägern starke Konkurrenz, und selbst die lokale Bildungslandschaft ist für Außenstehende mehr als unübersichtlich. „Wir wollen das Thema Bildung sichtbarer machen und das hochwertige Angebot in unserer Region besser koordinieren“, beschreibt Drubig die Ziele. Neben dieser Interessenvertretung und Präsenzschaffung sieht man vor allem die Koordination von gemeinsamen Projekten und das Angebot einer zentralen Bildungsberatung als wichtige Aufgaben. Um die Zusammenarbeit der Genossen zu stärken, gibt es neben einer regelmäßigen Hauptversammlung auch trägerübergreifende Arbeitsgruppen mit verschiedenen Themenschwerpunkten wie Integration oder berufliche Bildung.

Die Fäden des Netzwerks laufen in der Göttinger Geschäftsstelle zusammen. Hier werden gemeinsame Projekte koordiniert und es gibt eine Bildungsberatung. „Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir, dass der Bedarf nach Orientierung auf dem Bildungsmarkt wächst“, erklärt Drubig. Deshalb helfe man den Bildungsinteressierten beim Finden der richtigen Angebote, von kleineren Fortbildungen bis hin zu Schulabschlüssen oder einem Studium.

Ein weiterer Vorteil der Bildungsgenossenschaft ist aus seiner Sicht die Kooperation von mehreren Bildungsträgern bei größeren Projekten. Viele Bildungsprojekte werden aus öffentlichen Mitteln finanziert und erfordern eine Bewerbung bei Ausschreibungen. Kleine Einrichtungen haben hier oft kaum Chancen. „Meistens werden nachweisbare Netzwerke und große Strukturen gefordert. Wenn sich mehrere kleine Institutionen für eine Bewerbung um Fördertöpfe koordinieren, ist das sinnvoll“, erklärt Drubig. Gerade im Bereich Integration hat man damit in Göttingen schon gute Erfahrungen gemacht.

„Eins unserer Aushängeschilder ist sicherlich Fair-Bleib Südniedersachsen“, erklärt Pressesprecher Matthias Weselmann. Im Rahmen des Xenos-Sonderprogramms werden hier Flüchtlinge und anderen Migranten mit besonderem Aufenthaltsstatus bei der Jobsuche und Qualifizierung für den Arbeitsmarkt unterstützt. Angeboten werden zum Beispiel Bewerbungstrainings oder berufsbezogene Deutschkurse. Dafür kooperieren insgesamt fünf Mitglieder, und die Genossenschaft selbst übernimmt die Projektleitung und die Beratung der Migranten. „Wir haben damit auch unser eigenes Netzwerk zu Sozialträgern und Behörden erweitert und können entsprechend besser vermitteln“, sagt er.

Auch Integrationskurse bietet man bei der BIGS schon länger an. „Wir koordinieren die Deutschkurse mit unseren Genossen und erleichtern so den Migranten das Leben. Statt sie mit einem Laufzettel von Institution zu Institution eilen zu lassen, bieten wir einheitliche Ansprechpartner, übernehmen die Einstufungstests zentral und ersparen so bürokratischen Aufwand“, so Weselmann weiter. Mit Erfolg, wie er betont, schon in den ersten Projektmonaten hätten sich die Teilnehmerzahlen erhöht und auch die Wartezeiten auf neue Kurse seien gesunken.