Unis helfen verschmähten Akademikern

ZUWANDERER Selbst hochqualifizierte Migranten finden keinen Job – weil die Chefs den ausländischen Hochschuldiplomen nicht trauen. Die Unis Duisburg-Essen und Regensburg verwandeln nun einfach per Kurzstudium fremde Abschlüsse in deutsche

BERLIN taz | So recht will man Ruta Peci wohl nicht glauben, dass sie einen Bachelor in Business Administration hat. Nachdem sie 1995 die Uni in Litauen abschloss, kam sie als Au-pair nach Deutschland – und blieb, der Liebe wegen. Nur ihr Hochschulabschluss scheint mit dem Umzug kaum noch etwas wert zu sein. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so viele Probleme gibt“, sagt die 39-Jährige. „Nicht einmal ein Praktikum konnte ich bekommen.“

Seit Herbst 2012 studiert Ruta Peci daher wieder: Betriebswirtschaftslehre an der Uni Duisburg-Essen. Einen Teil ihrer alten Studienleistungen erkennt die Uni an, andere Fächer muss sie nachholen. In einem Kurzstudium wird ihr ausländischer Abschluss auf diese Art gewissermaßen in einen deutschen umgewandelt.

An dem Projekt ProSalamander ist neben der Uni Duisburg-Essen auch die Uni Regensburg beteiligt. Gefördert wird das auf vier Jahre angelegte Pilotprojekt mit 2,5 Millionen Euro von der Stiftung Mercator.

Der Bedarf jedenfalls ist da. Auf die ersten 25 Plätze hatten sich 104 Migrantinnen und Migranten beworben. Dabei ist die förmliche Anerkennung eines ausländischen Hochschulabschlusses nur bei wenigen, sogenannten reglementierten Berufen zwingend. Dazu zählen Arzt, Lehrer oder Jurist. In allen anderen Fällen kann man sich direkt auf dem deutschen Arbeitsmarkt bewerben.

Trotzdem misstraut die Wirtschaft den fremden Unidiplomen – allen Klagen über den Fachkräftemangel zum Trotz. „Ein Personalchef entscheidet sich eher für einen Bewerber mit einem deutschen Abschluss, weil ihm da die inhaltliche Qualität gewährleistet scheint“, sagt Katharina Jacob, Projektleiterin von ProSalamander an der Uni Duisburg-Essen.

Viele der Stipendiaten kommen direkt aus der Arbeitslosigkeit. Oder sie haben in niedrig qualifizierten und schlecht bezahlten Jobs gearbeitet: Eine Juristin aus Brasilien war in ihrer Heimat einst Abteilungsleiterin in einer Bank – in Deutschland fand sie nur Arbeit an der Supermarktkasse.

Die Stipendiaten bekommen bis zu 800 Euro im Monat – Geld, das Teilnehmer in der Regel dringend brauchen, um ein Vollzeitstudium aufzunehmen.

Auf Bafög haben sie als Absolventen keinen Anspruch oder sind zu alt dafür. Und auf das Arbeitslosengeld hat wiederum keinen Anspruch, wer an einer Universität eingeschrieben ist. Dazu kommt: Viele haben eine Familie, die sie versorgen müssen. „Es gibt für diese Gruppe eine Lücke in der Förderung“, sagt Cornelia Schu, die bei der Stiftung Mercator für ProSalamander zuständig ist. Der Schritt zurück an die Uni ist für viele aber auch aus einem anderen Grund gewöhnungsbedürftig: Die Kommilitonen, denen die Stipendiaten in Vorlesungen und Seminaren begegnen, sind deutlich jünger. „Wenn meine Tochter in ein paar Jahren studieren kann, bin ich gerade fertig“, sagt Peci.

Noch sind Duisburg-Essen und Regensburg die einzigen Universitäten mit einem Auffrischungsprogramm für Zuwanderer. Zwei weitere Hochschulen planten aber Angebote, sagt Katharina Jacob von der Uni Duisburg-Essen. BERND KRAMER

www.prosalamander.de