Präsident Hollande verzichtet auf das Ausländerwahlrecht

VERFASSUNGSREFORM Nicht-EU-Bürger, die legal in Frankreich leben, dürfen weiterhin nicht wählen

AUS PARIS RUDOLF BALMER

Wie jeder Staatspräsident will auch François Hollande die Verfassung der Fünften Republik seinen Vorstellungen von einer parlamentarischen Demokratie anpassen. Der Entwurf zur 25. Verfassungsreform seit 1962 ist am Mittwochmorgen vom Ministerrat gutgeheißen worden. Auffällig ist nicht, was er enthält, sondern was fehlt: Hollande wollte den legal in Frankreich wohnenden Ausländern außerhalb der EU auf kommunaler Ebene das Stimm- und Wahlrecht gewähren. Das war aus der Sicht der Linkswähler sogar eines der Zugpferde seiner Kampagne gewesen.

Selbstverständlich will die Regierung das nicht als Rückzieher verstanden wissen. Minister Alain Vidalies spricht von einer Frage der „Durchsetzbarkeit“: Für eine Verfassungsreform braucht es nämlich eine Mehrheit von drei Fünfteln der zum Kongress in Versailles vereinten Abgeordneten und Senatoren. Über eine solche qualifizierte Mehrheit verfügt die regierende Linke nicht. Die bürgerliche Opposition lehnt aber auch ein minimales lokales Stimmrecht für Ausländer ab. Der bereits geschwächte Hollande kann es sich nicht nicht leisten, eine politische Niederlage im Kongress einzustecken. Noch riskanter wäre es für ihn, eine Volksabstimmung über die Reform zu erwägen. Im Falle einer Schlappe wäre er dann wohl zum Rücktritt gezwungen.

Die bescheidenen Änderungen könnten nun auch von einem Teil der bürgerlichen Opposition gebilligt werden. So soll der Grundsatz des Dialogs zwischen den Sozialpartnern in der Verfassung verankert werden. Ganz im Sinne von Hollande, der ein bürgernaher „normaler Präsident“ sein will, wird die strafrechtliche Immunität des Staatschefs reduziert, und die Minister sollen sich im Fall von Vergehen während ihrer Amtszeit künftig nicht vor einer Sonderinstanz, sondern vor der normalen Justiz verantworten. Zudem wird es den Regierungsmitgliedern untersagt, gleichzeitig auf lokaler Ebene exekutive Posten wie ein Bürgermeisteramt oder den Vorsitz in Departements- und Regionalräten zu bekleiden. Hollandes Vorschläge werden nun dem Parlament vorgelegt. Trotz aller Vorsicht ist es ungewiss, dass seine Minireform im Juli die Kongresshürde schafft.