Hetzer im Hintergrund

DSCHIHADISTEN Ein Bonner schrieb den Mordaufruf

BERLIN taz | Es klingt wie die Blaupause für das, was nun angeblich am Rhein passieren sollte: Vergangenen Mai stellte der Bonner Islamist Yassin Chouka, der sich seit fünf Jahren zusammen mit seinem Bruder Monir in Pakistan als Propagandist der Terrorgruppe IBU verdingt, eine Audiobotschaft ins Netz. Und die hatte es in sich.

„Ihr sollt die Mitglieder der ‚Pro NRW‘ alle töten“, forderte er darin unverhohlen. Man solle Informationen über Wohnorte, Arbeitsplätze und tägliche Routinewege sammeln, um dann „am besten im Schutz der Dunkelheit oder im Morgengrauen“ zuzuschlagen – und die Rechtsextremen zu ermorden.

Schon damals war man in den Behörden beunruhigt und veranlasste Maßnahmen zum Schutz der Islamhasser. Das sei bei einem so konkreten Mordaufruf die Pflicht des Staates, unabhängig davon, wie man die Aktivitäten von „Pro NRW“ bewerte, hieß es in Sicherheitskreisen.

Die Bonner Chouka-Brüder, die seit Januar des vergangenen Jahres auch auf der Terrorliste der UN stehen, sind freilich nicht die einzigen islamistischen Scharfmacher im Hintergrund, die ihre Hetze auf Deutsch im Internet verbreiten. Auch die nach Nordafrika übergesiedelten Islamisten der im Juni 2012 vom Bundesinnenminister verbotenen Gruppe „Millatu Ibrahim“ rufen offen zu Gewalt auf.

Erst vor wenigen Wochen forderte ein Mitglied dieser Truppe den Tod von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Hetzbotschaften werden unter dem Label „Globale Islamische Medienfront“ verbreitet. Sie sind immer wieder als Hymnen aufgenommen, die so bizarr daherkommen, dass vermutlich 99,99 Prozent der Bevölkerung sich irritiert und angewidert abwenden. Doch offenbar gibt es einzelne wenige Irrläufer, die empfänglich sind für die Propaganda.

Die Sicherheitsbehörden sehen derzeit weniger die Gefahr, dass die geschwächte Terrororganisation al-Qaida hierzulande große, von langer Hand geplante Anschläge begehen könnte. Dafür machen sie sich Sorgen um Einzelgänger und Kleingruppen, die sich in Deutschland durch solche Botschaften beeinflussen lassen und möglicherweise sogar so weit radikalisieren, dass sie Verbrechen begehen.

Als Menetekel gilt das Attentat von Arid Uka, der am 2. März 2011 am Flughafen von Frankfurt am Main zwei US-Soldaten erschoss. Er hatte sich vor allem über islamistische Propaganda im Internet radikalisiert. Auf dem Weg zu seiner Tat hörte er über seinen iPod eine Hymne eben jener Chouka-Brüder aus Bonn, von denen auch der Aufruf zum Mord an „Pro NRW“-Mitgliedern stammt. „Ich bin im Dschihad“, hieß es darin. WOLF SCHMIDT