Anti-Islam-Hetze von „Pro-NRW“: Den Märtyrer spielen

Markus Beisicht, „Pro NRW“-Chef, bekommt dank durchgeknallter Salafisten die Aufmerksamkeit, die er sich ersehnt hat. Er kündigt weitere Aktionen an.

Verkauft Rassismus als „Islamkritik“: Markus Beisicht, „Pro NRW“-Chef. Bild: dpa

KÖLN taz | Applaus brandet auf. „Markus, Markus“-Rufe hallen durch den Raum. Während die TV-Nachrichten über einen angeblich vereitelten Mordanschlag auf ihn berichten, lässt sich „Pro NRW“-Chef Markus Beisicht von seinen Anhängern feiern. Sie seien „stolz, einen solchen Vorsitzenden zu haben, den mutigsten Politiker Europas“, schwärmt „Pro NRW“-Generalsekretär Markus Wiener auf der Versammlung am Mittwochabend in Köln.

Beisicht fühlt sich sichtlich wohl in der Märtyrerpose. „Die Religion des Friedens hat sich mal wieder entlarvt“, sagt der 49-jährige Rechtsanwalt mit getragener Stimme. „Man muss solche Ereignisse verarbeiten, aber eins kann ich jetzt schon sagen: Wir werden nicht kapitulieren!“ Das hatte auch niemand erwartet. Schließlich ist der frühere „Republikaner“-Funktionär schon seit gut einem Vierteljahrhundert im politischen Rechtsaußengeschäft – und jetzt endlich verschaffen durchgeknallte Salafisten ihm und seiner „Bürgerbewegung“ die öffentliche Aufmerksamkeit, die er sich immer ersehnt hatte.

Möglich gemacht hat das ein bemerkenswerter Strategiewechsel. Seit ein paar Jahren camoufliert die „Pro-Bewegung“ ihre rassistische Ausrichtung als vermeintlich harmlose „Islamkritik“. Wie es dazu kam, erläuterte „Pro NRW“-Chef Beisicht vor fünf Jahren in bemerkenswerter Offenheit in der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit: „Wir haben nach Inhalten Ausschau gehalten und waren anfangs selbst überrascht, welche außerordentliche Resonanz wir mit dem Thema gefunden haben.“

Wo es früher platt und einschlägig „Ausländer raus!“ hieß, geht es seitdem „gegen Islamisierung und Überfremdung“ und für das „Abendland in Christenhand“. Der Holocaust-Überlebende und scharfe Islamkritiker Ralph Giordano bezeichnet denn die „Pro-Bewegung“ auch als eine „zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus“, der es darum gehe, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu schüren.

Dass ihre Hetzkampagnen wütende Reaktionen von radikalislamistischen Fanatikern hervorrufen könnten, war einkalkuliert. So hatte Beisicht im Frühjahr vergangenen Jahres angekündigt, der anstehende Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen werde auf „maximale Provokation“ ausgelegt sein. Seine selbst ernannte „Bürgerbewegung“ werde „bis an die Schmerzgrenze“ gehen.

Was er damit meinte: Mit der berühmt-berüchtigten Mohammed-Karikatur des dänischen Zeichners Kurt Westergaard im Gepäck marschierte die bräunliche Truppe vor Moscheen und anderen islamischen Einrichtungen auf. Unter dem Schutz von Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht sowie gut gesichert von Polizeigroßaufgeboten. Gewalttätige Ausschreitungen von Salafisten in Solingen und Bonn waren die Folge – und ein im Internet verbreiteter Mordaufruf gegen Pro-NRW-Mitglieder.

Beisicht bereut nichts: „Was wir im Landtagswahlkampf gemacht haben, war absolut richtig, da haben wir nichts zurückzunehmen.“ Damit sei es gelungen, „die Medienblockade zu durchbrechen und dieser Gesellschaft eine Diskussion regelrecht aufzuzwingen über die Gefahren des islamischen Extremismus“, sagte er am Mittwochabend. „Eins ist klar, da muss sich keiner Sorgen machen: Wir machen weiter.“

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