Sorge um die Landeshauptstadt

DEMOKRATIE Weil ein Stadtteilparlament zivilen Ungehorsam unter Umständen legitim nennt, warnt die hannoversche CDU vor „rechtsfreien Räumen“

Für CDU-Chef Toepffer lädt das Papier „unverhohlen zum Rechtsbruch ein“

Hannovers CDU ist alarmiert. So alarmiert, dass ihr Vorsitzender Dirk Toepffer, zugleich Vizechef der Landtagsfraktion, die rot-grüne Landesregierung eingeschaltet hat. Ob man „rechtsfreie Räume in Hannover“ dulde, will er in einer Parlamentsanfrage wissen. Warum das alles? In einer Resolution für eine aktive Beteiligungskultur hat sich der Bezirksrat Linden-Limmer auch mit zivilem Ungehorsam befasst.

Konkret heißt es in dem mit grün-linker Mehrheit verabschiedeten Papier, man begrüße eine Beteiligung im Stadtteil „mit friedlichen Mitteln“. Ziviler Ungehorsam sei eine „legitime Form“, auf Missstände aufmerksam zu machen – „in manchen Situationen“. Zugleich heißt es, Protest müsse stets gewaltfrei sein. Christdemokrat Toepffer aber findet, da werde „unverhohlen zum Rechtsbruch“ eingeladen.

Im früheren Arbeiterstadtteil Linden hat es in der Vergangenheit mehrfach Demos gegen Gentrifizierung gegeben. Häuser wurden besetzt, ein neu eröffnetes Eiscafé sowie ein Bio-Supermarkt wurden Opfer von Farbschmierereien. Toepffer warnt nun, die Resolution könne derlei „vermeintlich demokratisch legitimieren“. Vom Innenministerium – als Kommunalaufsicht – fordert er, die Zulässigkeit des Beschlusses zu prüfen.

In Linden selbst sorgt das für Verwunderung: Grünen-Bezirksratschefin Silke Kleinhückelkotten sieht die Resolution „aus dem Kontext gerissen“. Rainer-Jörg Grube, parteiloser Bezirksbürgermeister, nennt das Vorgehen der CDU „absurd“ und die Debatte „deutlich überbewertet“ – zumal die CDU sie vorantreibe. Denn eingebracht hatten die Grünen das Papier als Gegenentwurf zu einem CDU-Antrag, von Lindens Gentrifizierungs-Gegnern Gewaltfreiheit zu fordern.

Die Geschichte habe gezeigt, hieß es darin, „dass Gewalt und Rechtsbeugung zur Durchsetzung von politischen Zielen niemals wieder Mittel sein dürfen“.

Zuvor hatte die CDU bereits die Entlassung eines Grünen-Bezirksratsherrn und Landtagsmitarbeiters gefordert, der öffentlich machte, wegen einer friedlichen Hausbesetzung vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden. Auch jetzt lässt es CDU-Chef Toepffer in seiner Parlamentsanfrage nicht aus, die Teilnahme des Grünen-Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler an einer Anti-Gentrifizierungs-Demo in Linden zu problematisieren.  THA