LIEBESERKLÄRUNG
: Die dritte Gewalt

DEUTSCHLAND BLEIBT RECHTSSTAAT. BEWEIST DAS MÜNCHNER OLG. UND FÜR FINGERSPITZENGEFÜHL HAT JUSTITIA KEINE HAND FREI

Es ist fair, es ist transparent.“ Sagt Ismail Erel, Vizechefredakteur der türkischen Zeitung Sabah, zum am Freitag vom OLG München verkündeten neuen Akkreditierungsverfahren im NSU-Prozess. Aber Erel sagt auch: „Da fragt man sich natürlich: Warum nicht gleich so?“

Die Antwort ist: Weil Liebe Zeit braucht. Und Verständnis. Auch Karl Huber, Präsident des Münchner Oberlandesgerichts, hatte Wochen mit sich gerungen, bevor er sich für das Management des NSU-Prozesses entschuldigen konnte. „Ich bedauere es sehr, dass wir heute nicht die Hauptverhandlung eröffnen konnten.“ Und: „Ich fürchte, der Ruf des Oberlandesgerichts hat wegen der vielen medialen Berichte gelitten.“ Ach, deswegen?

Aber es ist ja auch kompliziert. Warum trägt denn Justitia eine Augenbinde? Manfred Götzl, Vorsitzender Richter des 6. Strafsenats beim OLG, hat das immer gewusst und seine Schlüsse gezogen. Er wollte wirklich niemanden wegen seiner Nationalität benachteiligen – er ist schlicht nicht so multikulti-verblendet, wie so große Teile der hiesigen Gesellschaft.

Justitia hält auch eine Waage in der einen, ein Schwert in der anderen Hand. Die Dame kann also ihre Finger nicht ausstrecken. Und Götzl zeigte, wie genau er seine Arbeit nimmt: Fingerspitzengefühl – dafür hat er die Hände nicht frei. Seine Kammer arbeitet mit radikaler Innerlichkeit, es wird nicht nach außen geschaut! Für dieses Festhalten an Paragrafen liebe ich die deutsche Justiz. Wie ich sie dafür liebe, dass sie dann doch noch zur Besinnung kommt. Auch hier natürlich auf korrekter Ebene, ohne größere Emotionen. Am Ende waren es eben doch nur: Döner-Morde. CIGDEM AKYOL