Weiteres Puzzlestück zum NSU-Trio

ZWICKAUER ZELLE Der sächsische Verfassungsschutz sprach bereits im Jahr 2000 von einer terroristischen Gruppe, berichtet nun die Sendung „Report Mainz“. Ganz neu sind diese Erkenntnisse jedoch nicht

BERLIN taz | Eine Erkenntnis zieht sich wie ein roter Faden durch die NSU-Affäre: Hätten die Sicherheitsbehörden ihre Arbeit richtig gemacht, hätten die Morde des Terrortrios verhindert werden können. Ein weiteres Puzzlestück zu diesem desaströsen Bild liefert nun ein Dokument, über das „Report Mainz berichtet.

Das ARD-Fernsehmagazin zitiert aus einem geheimen Schreiben des sächsischen Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2000, in dem eine aus heutiger Sicht recht präzise Einschätzung über das Trio getroffen wird. „Das Vorgehen der Gruppe ähnelt der Strategie terroristischer Gruppen, die durch Arbeitsteilung einen gemeinsamen Zweck verfolgen“, heißt es da. Als Zweck der Vereinigung werden „schwere Straftaten gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung“ angegeben. Das Schreiben ist die Begründung einer G-10-Überwachungsmaßnahme gegen das Trio selbst und vier mutmaßliche Unterstützer. Diese Überwachungsaktion unter dem Namen „Terzett“ ist schon länger öffentlich bekannt. Und auch, was den damaligen Erkenntnisstand der sächsischen Behörden angeht, gibt es keine wirkliche Neuigkeit. Neu ist nur, dass in diesem Zusammenhang der Begriff „Terrorismus“ fiel. Eine Möglichkeit für diese Formulierung ist, dass es sich bei einer G-10-Maßnahme um eine weitreichende Überwachung handelt, die nicht ohne Weiteres genehmigt wird. Unter anderem können die Behörden dann Briefe mitlesen und Telefone abhören. Vom 5. Mai bis 5. August 2000, also vor dem ersten NSU-Mord, erfolgte die Überwachung – ohne relevante Ergebnisse. Das sächsische Innenministerium legt heute Wert darauf, dass sich die „damalige Bewertung und Prognose“ lediglich auf das bezog, was man bereits wusste. Und nicht auf „die gezielte Ermordung von Menschen aus rassistischen Motiven“. SEBASTIAN ERB