Europaweit Kritik an Erdogan

TÜRKEI Hartes Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten in Istanbul stößt auf Unverständnis. EU-Außenbeauftragte und Regierungen fordern Mäßigung

BERLIN afp/taz | Wegen der brutalen Niederschlagung der regierungskritischen Proteste mit Polizeigewalt sieht sich der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan international immer mehr Kritik ausgesetzt. Die Regierung in Ankara sende „das falsche Signal, ins eigene Land und auch nach Europa“, erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief Erdogan zum Dialog mit den Demonstranten auf. Erdogan wollte sich am Mittwochnachmittag mit Vertretern der Protestbewegung treffen.

Er erwarte, dass Erdogan „im Geiste europäischer Werte deeskaliert und einen konstruktiven Austausch und friedlichen Dialog einleitet“, sagte Westerwelle. Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung seien „unveräußerliche Grundrechte in jeder Demokratie“. Die türkische Regierung müsse „alles unternehmen, damit ihre Bürger diese Rechte auch wahrnehmen können“.

Auch Frankreichs Außenminister Laurent Fabius rief die türkische Regierung zur „Zurückhaltung“ und zum „Dialog“ auf. Die italienische Außenministerin Emma Bonino warnte vor dem Parlament in Rom, die Türkei durchlaufe „ihre erste ernsthafte Prüfung“ hinsichtlich ihres geplanten EU-Beitritts.

Erdogan hatte am Dienstag zweimal mit einem Großaufgebot von Polizisten den Taksim-Platz in Istanbul von Regierungskritikern räumen lassen. Deren Protest richtete sich ursprünglich gegen von Erdogan verfolgte Bebauungspläne für den Platz, denen zufolge ein beliebter Park der Rekonstruktion eines Kasernengebäudes mit Einkaufszentrum weichen soll. Inzwischen steht Erdogan aber selbst im Zentrum der Kritik.

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