Bestattungspflicht aufgehoben

BESTATTUNGSORDNUNG Bremer Trauernde dürfen Urnen künftig auch zu Hause aufbewahren. Kirchen reagieren mit scharfer Kritik und warnen vor einem Verfall der Würde der Verstorbenen

„Trauernde sollen von Verstorbenen Abschied nehmen können“

Maike Schäfer, Grüne

Die Bremische Bürgerschaft hat am Mittwoch mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken den Friedhofszwang für Urnen gelockert. Künftig dürfen Hinterbliebene die Asche von verstorbenen Angehörigen zwei Jahre lang zu Hause aufbewahren.

Mit der Reform ist Bremen deutschlandweit Vorreiter. In Ländern wie den USA war die Aufbewahrung von Urnen bereits erlaubt. In der Schweiz darf die Asche von Verstorbenen sogar verstreut werden. In Deutschland ist die einzige Alternative zur Friedhofs-, bislang nur die Seebestattung.

Die Neuregelung in Bremen soll Menschen erlauben, sich vor ihrem Tod für eine individuelle Bestattung zu entscheiden. Aber auch „die Trauernden sollen die Möglichkeit haben über einen längeren Zeitraum von den Verstorbenen Abschied nehmen zukönnen“, sagte Grünen-Abgeordnete Maike Schäfer gestern in der Bürgerschaft. Ihre Partei hatte die Gesetzesänderung zusammen mit der SPD angestoßen.

Neben der Aufbewahrung der Asche soll es in Zukunft außerdem möglich sein, die Asche von Verstorbenen an ausgewählten Orten auch außerhalb von Friedhöfen zu verstreuen. Angehörige sollten sich auf diese Weise nicht mehr gezwungen sehen, eine Kremation im Ausland vorzugeben, um die Asche dann wieder nach Deutschland zurückzuschmuggeln, erklärte Schäfer.

Widerstand gegen die Änderung des Bestattungsrechts kam von der CDU-Fraktion und vor allem von Seiten der Kirche. „Eine Privatisierung von Tod und Trauer gefährdet die öffentliche Erinnerungskultur“, sagt Martin Schohmaker, Probst der Katholischen Kirche in Bremen.

Urnen müssten seiner Ansicht nach weiterhin allen Trauernden zugänglich sein und dürften nicht in die Hand eines Einzelnen gegeben werden. Schohmaker befürchtet außerdem erheblichen Verwaltungsaufwand, um die Aufbewahrung und vor allem den Umgang mit Urnen zu kontrollieren.

Ähnlich sieht es auch Bernd Kuschnerus, Pastor und stellvertretender Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche: „Es entspricht unserem christlichen Verständnis, die Totenwürde zu achten und die Hinterbliebenen zu trösten, indem wir sie bei Abschied und Trauer begleiten“ betonte er. Die Aufbewahrung von Urnen im eigenen Wohnzimmer „hat nichts mit Würde zu tun“, sagt Kuschnerus.

Bedenken gegen die Aufhebung der Bestattungspflicht hatten zuletzt auch der Bund Deutscher Friedhofsgärtner und der Bestatterverband Bremen e.V. geäußert. Jurik Iser