Alle lieben den Verfassungsschutz

GEHEIMDIENST Sowohl bei der SPD wie bei den Grünen sind die Zweifel an dem Sinn des Verfassungsschutzes groß. Der soll nun noch transparenter vom Parlament kontrolliert werden

Alle müssen sparen – nur der Etat für den VS stieg, seit 2007 von 2,3 auf 3,3 Millionen

Vor ein paar Jahren, so gestand der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe, da hätte er sich gefragt: Muss das sein, das Landesamt für Verfassungsschutz? Und er erinnerte an die Chronik der Skandale des Verfassungsschutzes, die begann schon im Jahre 1953.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner konnte da nur zustimmen und ergänzte die Liste um den Bremer Skandal: Pseudo-Informationen des Bremer Verfassungsschutzes belasteten Murat Kurnaz, als der in die Fänge des amerikanischen Guantánamo-Systems geraten war.

Aber nun, da der Verfassungsschutz seit 2008 sich unter der neuen Leitung von Hans-Jürgen von Wachter „neu aufgestellt“ habe und in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) von sich aus bereitwillig informiere, da sei die Lage doch anders, meinte Güldner. Undenkbar scheint in Bremen die VS-Überwachung einer Journalistin wie Andrea Röpke, eine „absolute Schweinerei“, so Güldner. Die V-Leute des Amtes seien „in der Regel Kriminelle oder Rechtsextremisten“, deren Informationen genutzt werden sollten, so beschrieb Tschöpe die schwierige Aufgabe des Amtes.

Das, was für den Bremer Verfassungsschutz bisher per interner Dienstanweisung galt, soll nun ins neue Gesetz geschrieben werden (vgl. taz 4. 9.). Wofür also braucht man dieses Amt? Wenn es den Verfassungsschutz nicht gäbe, würden bestimmte seiner Kompetenzen im Bereich der Vorfeld-Aufklärung an die Polizei übertragen – und das wolle er nicht, erklärte Güldner.

Kristina Vogt bezweifelte, dass die PKK, in der sie selbst als „Gast“ sitzen darf, wirklich das Amt kontrollieren kann. Und verwundert stellte sie auch fest, dass der Verfassungsschutz im kommenden Haushaltsjahr gut 500.000 Euro mehr bekommen soll – für kompetente Informatiker „zum Abfischen von Passwörtern, Handy-PINs und Verbindungsdaten?“

Der frühere Innensenator Thomas Röwekamp, der für den Verfassungsschutz zur Zeit des Murat-Kurnaz-Skandals verantwortlich war und Kunaz die Einreise verweigern wollte, weil er – in Guantanamo in Haft – die Frist für die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung versäumt hatte, saß übrigens als CDU-Chef in der ersten Reihe und war während der gesamten Debatte damit beschäftigt, einen Text in sein Tablet abzutippen.  KAWE