„Nur wegen Foto eingeladen“

PODIUMS-DISKUSSION Helfen anonymisierte Bewerbungs-Verfahren gegen Diskriminierung?

■ 37, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für klinische Psychologie der Uni Bremen. Ihre Mutter ist halb Holländerin, der Vater Tunesier.

taz: Frau Belhadj-Kouider, erschweren Ihr Kopftuch und Ihr Name es Ihnen, einen Job zu finden?

Esmahan Belhadj-Kouider: Für meine Stelle an der Uni hatte ich das Glück, dass mein Professor mich bereits kannte. Bei anderen Bewerbungen waren alle sehr bemüht, mir zu antworten – öfter als es üblich ist. Und ich wurde einmal gerade wegen meines Kopftuches zum Vorstellungsgespräch eingeladen.

Ist das nicht etwas Gutes?

Für mich ist es eher positiver Rassismus. Man war wegen meines Fotos neugierig. Das ist kein gutes Gefühl. Ich bin stark dafür, Bewerbungsverfahren zu anonymisieren – ohne Fotos und Angaben zum Alter oder Herkunft.

Anonymisierte Bewerbungen sollen die Chance auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhöhen. Nun wurden Sie wegen nur Ihres Migrationshintergrunds eingeladen. Wie passt das zusammen?

Zumindest würde ich dann nicht mehr nur wegen meines Fotos eingeladen. Ich glaube, dass man objektiver auf die Qualifikationen der Bewerber schauen würde. Der Migrationshintergrund und auch die Attraktivität spielten dann keine Rolle mehr. Ich habe es selbst auch erlebt, dass mir wegen meines Namens unterstellt wurde, ich hätte Probleme mit der deutschen Sprache. Auch mein Mann hört abfällige Sätze wegen seiner Nationalität. Das ist eine schlimme Erfahrung und man stellt sich darauf ein.

Inwiefern?

Ich habe zum Beispiel mein Studium danach ausgewählt. Ich habe nicht Lehramt studiert, weil ich wusste, dass Lehrerinnen mit Kopftuch in Bremen nicht gewollt sind. Ich war auch vorsichtig, in die Wirtschaft zu gehen, aus Angst, dort keine Jobaussichten zu haben.

Verhindern anonymisierte Bewerbungen nicht auch, dass Frauen oder MigrantInnen bevorzugt eingestellt werden können?

Wenn es explizit in einer Stellen-Ausschreibung gewünscht wird, kann man es ja als Qualifikation angeben und seine interkulturelle Kompetenz in den Lebenslauf aufnehmen.  Interview: Jpb

17 Uhr, DGB-Haus

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