Netz oder nie

Der Berliner Energietisch mobilisiert für den Volksentscheid am 3. November – die Stromversorgung soll wieder zurück in die öffentliche Hand kommen

Bis zum 3. November trommelt der Berliner Energietisch für den Volksentscheid, wer an den Aktionen teilnehmen möchte, findet auf der Energietisch-Homepage einen Aktionskalender.

berliner-energietisch.net

Termin-Tipp

Podiumsdiskussion: „Stadtwerk und Stromnetz in Berlin. Worum geht es beim Volksentscheid?“, Mittwoch 23. Oktober, 17.30 Uhr, im Abgeordnetenhaus von Berlin, Niederkirchnerstraße 5

Der Wahlkampf für den Volksentscheid zur Zukunft der Berliner Stromversorgung läuft auf Hochtouren. Bis zum 3. November hat die Initiative Berliner Energietisch Zeit, die Berliner WählerInnen für ihren Gesetzentwurf zu mobilisieren. Damit der Entscheid erfolgreich ist, benötigt die Initiative nicht nur mehr Ja- als Neinstimmen. Außerdem müssen mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten Berlins dem Gesetzesentwurf zustimmen. In absoluten Zahlen gesprochen sind das 625.000 Stimmen. Ein Kraftakt, an dem in Berlin schon andere gescheitert sind. Die GegnerInnen der Schließung des Flughafens Tempelhof und die Befürworter einer Stärkung des Religionsunterrichts hatten das Quorum knapp verfehlt. „Wir glauben fest daran, dass wir es schaffen. Wir werden um jede Stimme kämpfen“, sagt Jens-Martin Rode, der sich um die Koordination der Aktionen kümmert.

Im Juni hatte der Berliner Energietisch rund 230.000 gültige Unterschriften gesammelt und so den Volksentscheid ermöglicht. Am 3. November steht nun die Abstimmung an. Die Initiatoren fordern, die Stromversorgung der Stadt in die öffentliche Hand zurückzuholen. Genauer möchten sie ein landeseigenes Stadtwerk aufbauen und eine kommunale Netzgesellschaft gründen, die das Berliner Stromnetz zum 1. Januar 2015 übernehmen soll. Auf diese Weise soll eine neue, ökologisch ausgerichtete Energiepolitik durchgesetzt werden. „Es ist Zeit, die Berliner Energiewende voranzubringen, Berlin ist in Sachen erneuerbare Energien Schlusslicht“, sagt Michael Efler, Kampagnenleiter des Volksentscheids.

Die Wahlkampagne des Berliner Energietischs startete Ende September. Den Auftakt bildete ein Aufruf zur Briefwahl. Ausgestattet ist die Initiative mit Hunderten HelferInnen und einem Gesamtbudget von 175.000 Euro. Zusätzlich wird der Energietisch von den Grünen, den Piraten, der Linken und der SPD unterstützt. Inwiefern der gewonnene Volksentscheid in Hamburg sich auf Berlin auswirken wird, ist offen. Ende September hatten sich dort 51 Prozent der BürgerInnen für den Rückkauf der Netze für Strom, Gas und Fernwärme ausgesprochen. „Die Entscheidung in Hamburg motiviert uns sehr“, sagt Michael Efler. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage wollen auch drei Viertel der Berliner ihren Strom wieder von der öffentlichen Hand beziehen.

Nun geht es darum, für den 3. November zu werben. Mit 10.000 Plakaten und 100.000 Flyern will der Energietisch im Stadtbild präsent sein. Zeitgleich wird für die Briefwahl geworben. Um den WählerInnen das bequeme Ankreuzen von zu Hause zu erleichtern, hilft der Energietisch bei der Beantragung der Wahlunterlagen. Ein Info-Telefon wurde eingerichtet und das Bestellformular für die Briefwahl kann auf der Kampagnen-Webseite runtergeladen werden. Das Engagement scheint Früchte zu tragen. 52.000 Abstimmungsscheine wurden laut der Berliner Wahlleiterin bereits ausgestellt. Jens-Martin Rode zieht eine positive Bilanz. „Wir haben viele interessierte und zustimmende Reaktionen von Berliner Bürgern erhalten“, so der Aktivist.

Auch wenn laut Forsa ein Großteil der Berliner für die Kommunalisierung ist, dürften die AktivistInnen alle Hände voll zu tun haben, die Gegenargumente von Senat und Abgeordnetenhaus zu entkräften. In der Info-Broschüre, die den Wahlbenachrichtigungen beiliegt, raten diese dazu, am 3. November mit Nein zu stimmen. Zu den Kernargumenten zählt, dass die kommunale Energieversorgung finanzielle Risiken in Milliardenhöhe mit sich bringen würde und dass die Neugründung eines Stadtwerks und einer Netzgesellschaft überflüssig sei, da man ohnehin ein eigenes Stadtwerk plane und es mit Berlin Energie bereits eine Netzgesellschaft gebe. Dem hält Efler entgegen, dass Vattenfall mit dem Netzbetrieb jedes Jahr Millionengewinne macht, dass das geplante Stadtwerk nicht mit den notwendigen Mitteln für eine echte Energiewende ausgestattet ist und die Netzgesellschaft übernommen und umgestaltet wird, sollte der Volksentscheid erfolgreich sein. „Nur mit uns gibt es eine echte Energiewende“, sagt Efler.

Beim Energietisch sind HelferInnen stets willkommen, auf der Homepage wird ein Aktionskalender angeboten. Wer Flyer im Freundeskreis oder in der Nachbarschaft verteilen möchte, kann sich diese im Büro abholen. Auch kann via Facebook und Twitter für den Volksentscheid geworben werden. Und natürlich freut sich die Initiative über jeden, der seine Stimme für den Gesetzesentwurf abgibt. „Jetzt oder nie. Jede Stimme zählt“, sagt Michael Efler. LUKAS DUBRO