Behörden glauben an Selbstmordanschlag

CHINA War der tödliche Zwischenfall auf dem Tiananmen-Platz in Peking mit 5 Toten und 38 Verletzten ein politischer Terrorakt? Am Tag danach fahnden die chinesischen Behörden nach zwei Uiguren

PEKING taz | An einen Unfall hatte ohnehin kaum einer geglaubt. Zu zielgerichtet war der Geländewagen von der Changan-Allee direkt auf die steinernen Brücken direkt unter dem Mao-Porträt gerast, bevor er gegen einen der Brückenpfosten prallte und in Flammen aufging. Nun bestätigen die chinesischen Behörden, dass es sich um einen terroristischen Selbstmordanschlag gehandelt haben könnte.

Einen Tag nach dem schweren Zwischenfall auf dem politisch hochsensiblen Tiananmen-Platz inmitten der Hauptstadt Peking fahnden die Sicherheitskräfte nach zwei Uiguren aus der westchinesischen Unruheprovinz Xinjiang. Hotelangestellte berichten, sie hätten die Anweisung erhalten, Informationen von sämtlichen uigurisch klingenden Namen an die Behörden weiterzugeben. Auch in Xinjiang selbst laufen Ermittlungen.

Die Uiguren sind eine muslimische Minderheit, die vor allem im Nordwesten der Volksrepublik beheimatet ist. Die Uiguren sehen die Chinesen als Besatzer und fühlen sich kulturell und politisch von Peking unterdrückt. Seit Jahrzehnten setzen sie sich für ihre Unabhängigkeit ein. Die chinesische Führung sieht in den Freiheitsbestrebungen der Uiguren wiederum Separatisten am Werk.

Tatsächlich hat sich der Konflikt in Xinjiang in den vergangenen Jahren verschärft. Nachdem es 2009 zu gewalttätigen Unruhen in der Provinzhauptstadt Urumqi mit mehreren Hundert Toten kam, befindet sich die Region quasi unter Ausnahmezustand. Immer wieder kommt es zu Anschlägen von uigurischer Seite. Chinesische Soldaten wiederum antworten mit Razzien und riegeln ganze Stadtteile ab.

Ein Anschlag mitten in Peking wäre allerdings ein Novum für den uigurischen Widerstand. Bislang ist auch noch kein Bekennerschreiben aufgetaucht. Uigurische Organisationen mutmaßen, die Ermittlungen dienten nur als Vorwand, um allgemein gegen Uiguren vorzugehen.

Ein Unbekannter hatte am Montag mit einem Geländewagen, in dem sich mindestens zwei weitere Insassen befanden, zur Mittagszeit die Absperrungen am Tiananmen-Platz durchbrochen und war vor dem symbolträchtigem Eingangstor zur Verbotenen Stadt in eine Menschenmenge gerast. Es gab mindestens 5 Tote und 38 Verletzte. Unter den Toten befanden sich auch der Fahrer und die Insassen. Der Tiananmen-Platz war 1989 Zentrum der chinesischen Demokratiebewegung, die jedoch vom Militär gewaltsam niedergeschlagen wurde. FELIX LEE