„Kulturfeste reichen nicht“

INTEGRATION MigrantInnen in der Politik sind nach wie vor keine Normalität. Wie lässt sich das ändern?

■ 25, studiert Politikwissenschaft und ist Sprecherin für Soziales und Integration der Linksfraktion in der Bürgerschaft .

taz: Frau Özdemir, wie sind Sie Sprecherin für Integrationspolitik der Linksfraktion in der Bürgerschaft geworden?

Cansu Özdemir: Ich habe selbst einen Migrationshintergrund und mich auch in meiner Jugend viel mit Integrationspolitik befasst.

Fühlen Sie sich auf das Thema reduziert?

Ich bin auch für Soziales zuständig. Wenn Integrationspolitik mein einziges Themengebiet gewesen wäre, hätte mich das schon gestört. Aber so ist das schon in Ordnung. Ich kann ganz viel eigene Erfahrung mitbringen. Davon profitiere ich als Politikerin.

Haben Sie den Eindruck, dass Sie als Politikerin mit Migrationshintergrund anders behandelt werden als Kollegen, deren Eltern aus Deutschland kommen?

Auf jeden Fall. Man muss sich doppelt beweisen. Das liegt bei mir vielleicht auch am Alter, aber sicher nicht nur. Viele Menschen achten zum Beispiel darauf, ob ich mit Akzent spreche. Man muss sich mehr anstrengen, damit die Stimme erhört wird. Ich habe das Gefühl, dass bei vielen Journalisten eine gewisse Scheu da ist, sich mit migrantischen Politikerinnen und Politikern auseinanderzusetzen.

Woran machen Sie das fest?

Man wird nicht so oft angesprochen, es sei denn, die Journalisten haben selbst einen Migrationshintergrund oder es geht um Migrationsthemen.

Gibt es Momente, wo Sie den Eindruck haben, dass Ihr Migrationshintergrund von Vorteil ist?

Ich werde oft in Schulklassen eingeladen und da merke ich, dass Leute mit Migrationshintergrund weniger Berührungsängste haben.

Was müsste sich ändern, damit es mehr Mandatsträger mit Migrationshintergrund gibt?

Es muss sich viel bei den Parteien tun. Die können ja in ihr Programm schreiben, was für Maßnahmen für Migranten gemacht werden sollten. Aber letztlich muss jeder Einzelne – auch in den Parteien – sich interkulturelle Kompetenzen aneignen und sie einsetzen. Es muss etwas ganz Normales werden, dass Migranten in der Politik sind. So wie es ganz normal ist, dass sie in den Hamburger Schulklassen sind. Es reicht nicht aus, irgendwelche Kulturfeste zu organisieren, wo Speisen aus verschiedenen Kulturen gegessen werden. INTERVIEW: DKU

Vorstellung einer Studie zur politischen Partizipation von MigrantInnen und Diskussion: 19:30 Uhr, Altonaer Rathaus, Platz der Republik 1, Kollegiensaal