Publizist Abdel-Samad wurde nicht von Islamisten entführt

AFFÄRE In Kairo verschwundener Schriftsteller ist wiederaufgetaucht. Hintergründe bleiben unklar

BERLIN epd/dpa/taz | Der deutsch-ägyptische Publizist Hamed Abdel-Samad ist am Dienstag abend wohlbehalten wieder in Kairo aufgetaucht. Der Fall gibt aber weiter Rätsel auf. Nach offiziellen Angaben ist der Autor nicht von radikalen Islamisten entführt worden. Ein Beamter der Sicherheitsdirektion der ägyptischen Hauptstadt sagte am Mittwoch auf Anfrage: „Er wurde im Al-Azhar-Park von Menschen, die er kannte, verschleppt.“ Zuvor hieß es aus Sicherheitskreisen sogar: „Es war keine Entführung.“

Seine mutmaßlichen Entführer waren Leute, mit denen er Geschäftsbeziehungen gehabt habe. Sie hätten Abdel-Samad am Dienstagabend unversehrt wieder freigelassen, nachdem dieser - womöglich unter Zwang - Schuldscheine unterzeichnet habe, erklärte die Polizei. Die Tat habe keinen politischen Hintergrund. Die staatlichen ägyptischen Medien berichteten, der Besitzer einer Plastikfabrik in einem Kairoer Vorort sei in den Vorfall verwickelt.

Abdel-Samad hatte im vergangenen Sommer Morddrohungen erhalten, nachdem er in Kairo einen Vortrag über „religiösen Faschismus“ im Islam gehalten hatte. Am vergangenen Sonntag war er mitten in Kairo spurlos verschwunden, nachdem er am Telefon berichtet hatte, er fühle sich verfolgt. Am Dienstagabend meldete er sich bei der deutschen Botschaft und kehrte in sein Hotel zurück. Abdel-Samads Bruder Mahmud hatte zuerst vermutet, der Schriftsteller sei von radikalen Islamisten verschleppt worden. Denn die Drohungen, die mehrere Geistliche im vergangenen Juni im ägyptischen Fernsehsender „Al-Hafez“ gegen ihn ausgestoßen hatten, waren von Abdel-Samad und den Sicherheitsbehörden in Deutschland und Ägypten durchaus ernst genommen worden. Viele Ägypter hörten den Namen des Schriftstellers damals zum ersten Mal. Denn anders als in Deutschland, wo Abdel-Samad häufig im Fernsehen zu sehen ist, sind seine Bücher in Ägypten kaum bekannt.