KOMMENTAR VON DANIEL BAX ZUM MANGELNDEN ENGAGEMENT DER EUROPÄISCHEN UNION
: Im Stich gelassen

Gerade Deutschland müsste in der Frage der syrischen Flüchtlinge Vorreiter sein

Während sich Europa langsam auf Weihnachten einstimmt, leidet Syrien im dritten Jahr seines blutigen Bürgerkriegs. Über zwei Millionen Menschen sind vor der Gewalt in die Nachbarländer geflüchtet, in den Libanon, in die Türkei und nach Jordanien. In völlig überfüllten Flüchtlingslagern harren sie dort aus, dem anbrechenden Winter in Zelten ausgeliefert und ohne Perspektive für sich und ihre Kinder.

Europa könnte mehr tun, um diesen Menschen zu helfen. Doch die Europäische Union scheint derzeit zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um echtes Mitgefühl aufzubringen. Die Entscheidung der deutschen Innenminister, ein weiteres Kontingent von 5.000 Flüchtlingen aus Syrien aufzunehmen, ist zwar ein richtiger Schritt, aber kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Es den mehr als 50.000 in Deutschland lebenden Syrern zugleich zu erleichtern, ihre Angehörigen zu sich zu holen, dazu konnten sich die Innenminister nicht durchringen.

Dabei könnte und müsste gerade Deutschland als wirtschaftsstärkstes und bevölkerungsreichstes Land in Europa eine Vorreiterrolle spielen. Im Wahlkampf waren dazu aus allen Parteien warme Worte zu vernehmen. Doch im Koalitionsvertrag der künftigen Regierung findet sich kein Wort dazu, wie sich etwa die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa künftig besser und gerechter gestalten ließe. Oder, wie man mehr Möglichkeiten für eine legale Einreise nach Europa schaffen könnte.

Stattdessen wird die Abschottung ausgebaut. Dabei ist Europa als alternder Kontinent langfristig weiter auf Zuwanderung angewiesen. Und die meisten Flüchtlinge wollen auch keine Almosen, sondern ihre Fähigkeiten nutzen, um sich ein besseres Leben aufzubauen.

Zunächst aber muss es um humanitäre Hilfe gehen. Und da kann jeder etwas tun – etwa mit einer Spende für eine der vielen Organisationen, die sich in Syrien engagieren. Denn anders als bei Hungersnöten, Erdbeben und Sturmfluten hält sich die Spendenbereitschaft bei kriegerischen Konflikten, in denen die Lage unübersichtlich wirkt, traditionell in Grenzen. Obwohl die Vereinten Nationen das syrische Flüchtlingsdrama zur aktuell größten humanitären Krise weltweit erklärt haben, zögern deshalb viele, ihr Portemonnaie zu zücken. Aber wenn Europa schon nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen will, sollte es wenigstens helfen, die schlimmste Not zu lindern.