Sprachlose Sprecher

MEDIEN I Die langjährige Feindschaft zwischen Junta und Medien prägt noch heute die Einstellung vieler neuer Regierungssprecher

VON YAMON PHU THIT

Trotz größerer Pressefreiheit ist die Zurückhaltung von Ministeriumssprechern, überhaupt mit uns Journalisten zu reden, ein großes Problem. Die sogenannte Zivilregierung von Thein Sein gab zwar den Medien erstmals in 50 Jahren einen Freiraum. Aber die fortgesetzte Feindschaft zwischen Offiziellen und Medien unterminiert das Recht der Bevölkerung auf Information.

Nach dem die Verfassung des Militärs 2008 in einem umstrittenen Referendum abgesegnet worden war, brachten die Wahlen 2010 Exmilitärs unter dem früheren Premierminister Thein Sein ins Amt – die erste gewählte Zivilregierung seit Jahrzehnten. Um sich als Reformer zu legitimieren, beendete Thein Sein die Zensur und ernannte erstmals Pressesprecher in allen Ministerien. Aber deren Einstellung ist noch immer von der jahrzehntelangen Feindschaft zu den Medien geprägt.

Das Militärregime ist mit Journalisten hart umgesprungen. Die Generäle unterdrückten die Medien mit Erlassen und Sondergesetzen und sperrten Journalisten ein. Der frühere Informationsminister, Brigadegeneral Kyaw San, verfuhr in seinem Ministerium nach dem Motto: „Die Medien mit den Medien angreifen.“ Er führte Lizenzen ein und ließ seine Günstlinge Medien betreiben. Journalisten mussten wegen der Zensur hart kämpfen, um relevante Informationen zu veröffentlichen. Damals wurde das Presseamt als „Medien-Kempeitai“ bezeichnet, benannt nach der brutalen Militärpolizei der japanischen Besatzer im Zweiten Weltkrieg.

Thein Sein führte schnell Änderungen im Medienbereich ein. Schon in seiner Antrittsrede sprach er von der „Vierten Gewalt“. Schrittweise ermunterte er die Ministerien, auf die Medien zuzugehen, wie er auch selbst internationalen Medien Interviews gab. Er ersetzte 2012 den unbeliebten Informationsminister Kyaw San mit Aung Kyi. Der Exmilitär war der Verbindungsmann der Junta zu Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi gewesen. Das stieß auf große Anerkennung und wurde im In- und Ausland als Schritt zu mehr Pressefreiheit gewertet.

40 neue Sprecher

Doch obwohl die Regierung seit 2012 rund 40 Generaldirektoren, stellvertretende Generaldirektoren und Direktoren zu Sprechern von mehr als 30 Ministerien ernannte, kommunizieren nach Meinung der Journalisten nur wenige mit den Medien.

Das Informationsministerium hat versucht, die Public-Relations-Fähigkeiten der Sprecher durch Trainings zu verbessern. Aber laut den Trainern ist ein Haupthindernis der Sprecher ihre Angst vor Bestrafung, sollten sie etwas Falsches sagen.

Zur Medienallergie auf Regierungsseite trägt bei einigen Journalisten mangelnde Professionalität und unethische Arbeitsweise bei. Die meisten Beschwerden gibt es, wenn bei zugesicherter Vertraulichkeit doch die Quelle genannt und wenn ungenau mit Fakten umgegangen wird. So wie Myanmars Regierungssprecher wenig Erfahrung im Umgang mit Medien haben, so hat die junge Journalistengeneration selbst kaum eigene journalistische Erfahrung.

Nach Meinung von Journalisten sind die den Medien am feindlichsten gesonnenen Ministerien die für Verteidigung, Bildung und Bergbau. Auch einige Behörden des Ministeriums für Lokalregierungen zählen dazu. Es gibt aber auch einige recht offene Regierungsstellen wie das Präsidialamt, das Informationsministerium, das Fischerei- und das Eisenbahnministerium.

Myanmar hat kein Informationsfreiheitsgesetz und der Entwurf des neuen Pressegesetzes hängt im Parlament fest. Er enthält nichts, was Behörden zwingen könnte, Medien mit Informationen zu versorgen, die eigentlich an die Öffentlichkeit gehören.