Zwei Seiten ohne Einsicht

SCHLECHT INFORMIERT Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Hamburg, Gerhard Kirsch, hat einer rechtslastigen Zeitschrift ein Interview gegeben. „Ich stehe zu meinen Aussagen“, sagt er nun

„Im Nachhinein habe ich mehr über das Magazin erfahren“

GERHARD KIRSCH, GDP

Neues sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) nicht. In der aktuellen Ausgabe des Magazins Compact um Jürgen Elsässer, der in seinem Magazin immer wieder rechtspopulistischen Positionen ein Forum gibt, findet sich das zweiseitige Interview mit Gerhard Kirsch über die Demonstration zum Flora-Erhalt am 21. Dezember. Weiter geht es darin um die Auseinandersetzung an der Davidwache am 28. Dezember.

Auch nach Wochen der Diskussion sieht der GdP-Chef die Gewalt allein von den Demonstranten ausgehend. Weiterhin führt Kirsch seinen Stand zu den Vorfällen an der Davidswache aus: Er sagt, „dass eine Personengruppe“ vor der Wache war „und dort skandierte: ‚Ihr Bullen habt immer noch nicht genug?‘ Vor der Wache wurde dann etwas geworfen.“ Dann wäre aus der Gruppe eine Streifenwagenbesatzung angegriffen und ein Kollege verletzt worden. Wenn Zeugen anderes behaupteten, dann müssten sie bei den Ermittlungsbehörden aussagen, so Kirsch. Dass die Vorfälle sich so nicht abgespielt haben, wurde mittlerweile von der Polizei bestätigt.

Das Interview, sagte Kirsch, sei schon vor Wochen telefonisch geführt worden. Später habe er es freigegeben. „Ich stehe zu meinen Aussagen“, sagt er.

Seit 2010 erscheint das Magazin Compact. Immer wieder hetzen die Autoren gegen Zuwanderung und Homosexualität, beklagen Deutschen- und Familienfeindlichkeit. Beim Compact-Kongress „Werden Europas Völker abgeschafft? Familienfeindlichkeit, Geburtenabsturz, sexuelle Umerziehung“ war Thilo Sarrazin einer der Redner. „Erst im Nachhinein habe ich mehr über das Magazin erfahren“, sagt Kirsch jetzt.

Gerade löste Compact, das zum NSU-Verfahren regelmäßig Verschwörungstheorien veröffentlicht, mit einem Interview einen Skandal aus. In der Januar-Ausgabe tauschte sich die NSU-Untersuchungsausschussvorsitzende des Thüringer Landtags, Dorothea Marx (SPD), mit Chefredakteur Elsässer über die NSU-Ermittlungen aus. Auch sie räumte ein: „Zum Zeitpunkt des Interviews war mir nicht bekannt, dass es sich bei dem Magazin um eine rechtslastige Publikation für Verschwörungstheorien handelt.“ Sie entschuldigte sich. Auch Kirsch sagt nun: „Niemals wieder.“  ANDREAS SPEIT