Neuer Anlauf zur Vereinigung Zyperns

TEILUNG Führer von Griechen und Türken starten Verhandlungen zur Gründung eines Bundesstaats

Eine Zypern-Lösung könnte zu reichem Geldsegen führen

VON KLAUS HILLENBRAND

BERLIN taz | Die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung Zyperns kommen wieder in Gang. Der Präsident der griechischen Republik Zypern, Nikos Anastasiades, und sein zyperntürkischer Amtskollege Dervis Eroglu vereinbarten am Dienstag den Beginn von direkten Verhandlungen mit dem Ziel, „möglichst schnell“ die Teilung zu überwinden.

Das Treffen unter Vermittlung der Vereinten Nationen fand auf symbolträchtigem Grund statt. UN-Repräsentantin Lisa Buttenheim empfing die verfeindeten Parteien auf dem ehemaligen Flughafen der Hauptstadt Nikosia. Zuletzt hob dort 1974, kurz vor der Teilung der Insel infolge des Einmarschs türkischer Truppen, eine Maschine ab. Seitdem steht das weitläufige Gelände unter der Verwaltung der UN-Blauhelme. Der neutrale Grund bot sich auch deshalb an, weil die Griechen den türkischen Nordteil als „Pseudostaat“ betrachten und die Türken wiederum den Griechen ihren Alleinvertretungsanspruch absprechen.

Ein in wochenlanger Arbeit vorbereitetes gemeinsames Kommuniqué legt als Ziel der Verhandlungen die Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats mit zwei getrennten Ländern für Insel-Griechen und -türken fest. Nach außen soll die Insel als ein Staat auftreten, im Innern sollen die Landesteile eine unabhängige Verwaltung erhalten. Das Papier orientiert sich an dem Plan des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan, mit dem schon 2004 die Teilung überwunden werden sollte. Das scheiterte am Widerstand der griechischen Zyprioten, die einen Ausverkauf ihrer Interessen befürchteten. Auch die neuen Vorstellungen stießen prompt auf die Kritik der nationalistisch orientierten Parteien. Diko nannte den Text des Kommuniqués „eine extrem negative Entwicklung“ und Edek kritisierte, damit würden nur die Wünsche der türkischen Seite erfüllt. Auch auf türkischer Seite regte sich bereits Kritik der Nationalisten.

Auch dieses Mal soll es nach einem erfolgreichen Abschluss der Gespräche Volksabstimmungen in beiden Inselhälften geben. Zuvor wollen sich beide Seiten über sämtliche Details der künftigen Verfassung verständigen – Landesgrößen, Souveränität der Landesteile, Niederlassungsfreiheit und die militärische Präsenz. Die griechische Mehrheit plädiert dabei für einen möglichst starken Bundesstaat, während die Türken vor allem ihren Teilstaat gestärkt sehen möchten. In jedem Fall bieten die Einzelheiten noch genügend Fallstricke, um für ein mögliches Scheitern der Gespräche zu sorgen.

Dennoch gelten die Verhandlungen keineswegs als chancenlos. Denn es existiert ein neuer Faktor: Gas. Im Meer vor Zypern wurden in den letzten Jahren reiche Gasvorkommen entdeckt. Noch ist nicht klar, ob sich der Bau einer eigenen Verflüssigungsanlage auf der Insel und damit die Förderung auch lohnt. Aber schon jetzt streiten beide Seiten um den Besitz des Rohstoffs. Zudem hat die Türkei ihren Anspruch auf einige potenzielle Fördergebiete angemeldet.

Ein Konsens könnte also zu reichem Geldsegen führen. Und der wäre sowohl in der von der Bankenkrise schwer betroffenen Republik Zypern als auch im noch ärmeren türkischen Norden hoch willkommen.