Schulen zum Gelde, zur Freiheit

BILDUNG Die Initiative „Schule in Freiheit“ durfte ihre Forderungen im Bildungsausschuss vorstellen

Mit skeptisch geneigtem Kopf sitzt die Schulsenatorin als Gast im Ausschuss

Die Schüler der freien Montessori-Schule Köpenick, die am Eingang des Abgeordnetenhauses nach ihren Schülerausweisen kramen, wissen sehr genau, warum sie gekommen sind: „Es geht darum, dass die freien Schulen vom Staat finanziert werden.“ Ihre Eltern müssen derzeit 200 Euro monatlich für den Schulbesuch bezahlen.

Das will die Volksinitiative „Schule in Freiheit“ ändern. An diesem Mittwoch präsentiert sie im Bildungsausschuss ihre Vorschläge für ein vielfältiges und selbst verwaltetes Berliner Schulwesen, die im Kern lauten: Der Staat soll die freien Schulen zu 100 Prozent finanzieren, sich ansonsten aber heraushalten und die Einstellung der Lehrer, die Kontrolle über Pädagogik und Qualität sowie die Abschlüsse ganz den Schulen überlassen, privaten wie öffentlichen.

Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD), die mit geschürzten Lippen und skeptisch geneigtem Kopf als Gast im Ausschuss sitzt, steht die Frage ins Gesicht geschrieben: Muss ich mir das anhören?

Muss sie. „Schule in Freiheit“ hat in den letzten Monaten über 25.000 gültige Unterschriften gesammelt und so eine Anhörung ihrer Anliegen im Parlament durchgesetzt. Nicht zum ersten Mal: Schon 2011 hatte man mehr als die nötigen 20.000 Stimmen gesammelt, um von den Abgeordneten empfangen und gehört zu werden.

Damals wurde nach der Anhörung beschlossen, die Finanzierung freier Schulen transparenter zu machen und den Schulen mehr Autonomie einzuräumen. „Das ist nicht erreicht worden, deshalb sind wir heute wieder hier“, sagt Kurt Wilhelmi von „Omnibus für direkte Demokratie“, ein Kopf der Initiative. Derzeit werden den freien Schulen zwei Drittel ihrer Kosten vom Land Berlin erstattet, und dies erst nach einer Bewährungszeit von drei bis fünf Jahren.

Vier der fünf Redner, die das Ansinnen der Initiative im Ausschuss vortragen, schicken ihre Kinder auf eine freie Schule, lernen oder lehren dort. Wilhelmi betont dennoch, man sei keine Initiative freier Schulträger. Das zeige die Tatsache, dass die meisten Unterschriften von Menschen stammten, die man auf der Straße angesprochen habe.

Die Fragen der Abgeordneten an das Quintett der Freiheitskämpfer spiegeln ihre Vorbehalte wider: Wie es um Inklusion und soziale Integration bestellt sei, wenn die Schulen allein entscheiden dürfen, wen sie aufnehmen, will die Linke wissen. Ob die Initiative mit Migrantenverbänden in Kontakt stehe, fragt ein Grüner. Ob mit der Abschaffung einheitlicher Abschlüsse und Qualitätskriterien nicht ganz, ganz viel Chaos entstünde, insinuiert ein SPDler. Und selbst die Piraten, bekennende Unterstützer der Initiative, bezweifeln die Forderung nach mehr Quereinsteigern – ergo pädagogisch geringer Qualifizierten – an den Schulen.

Hauptsache, kein Schulgeld

Auf diese Fragen gehen die Aktivisten allerdings kaum ein. „Das Wichtigste ist die gleichberechtigte Finanzierung, damit das Schulgeld nicht mehr notwendig wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dann noch soziale Ausgrenzung gibt“, fasst Waldorflehrerin Monika Schrodt die Überzeugung ihrer Mitstreiter zusammen.

Relativ unverbindlich reagieren die Abgeordneten denn auch: Wir bleiben im Gespräch. Sprecher Kurt Wilhelmi ist dennoch zufrieden. Der taz sagt er, man könne sich vorstellen, in einigen Jahren ein Volksbegehren anzustoßen. Dann wolle man das Anliegen aber stärker fokussieren: „Kernpunkt ist die Finanzierung.“ ANNA LEHMANN