Verfassungsschutz-Reform: Transparent und öffentlich soll's sein

Der niedersächsische Verfassungsschutz soll verlorenes Vertrauen zurückgewinnen: Künftig soll die Arbeit stärker kontrolliert und transparenter ablaufen .

Soll künftig Blicke hinter den Zaun erlauben: der Verfassungsschutz in Hannover. Bild: dpa

HANNOVER taz | Im Wahlkampf hatte die niedersächsische Grünen-Vorsitzende Anja Piel den Verfassungsschutz in ihrer Empörung über die Pannen der Behörde im NSU-Skandal noch als „Scheißhaufen“ bezeichnet. Nun soll ebendieser von Grund auf modernisiert und reformiert werden.

Die im vergangenen September von Innenminister Boris Pistorius (SPD) eingesetzte Arbeitsgruppe zur Reform des niedersächsischen Verfassungsschutzes stellte hierfür am Donnerstag auf 40 Seiten ein Bündel an Handlungsempfehlungen für die zukünftige Arbeit der umstrittenen Behörde vor. Zentral dabei: Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und mehr Transparenz.

Von einer Abschaffung des Verfassungsschutzes, wie im Wahlkampf von den Grünen gefordert, ist im Bericht nicht die Rede. Niedersachsen brauche den Verfassungsschutz als „gesellschaftliches und politisches Frühwarnsystem“ vor extremistischen Bestrebungen, sagte die Grünen-Abgeordnete Silke Stokar von Neuforn von der Arbeitsgruppe. Allerdings sei der Reformbedarf groß: „Das Vertrauen der Bürger ist erschüttert.“

Um die Akzeptanz des Verfassungsschutzes zu erhöhen, sollen Sitzungen des Ausschusses für die Angelegenheiten des Verfassungsschutzes teilweise öffentlich werden und der Landtag „bessere Möglichkeiten für eine intensivere Verfassungsschutzkontrolle“ erhalten. Dies betrifft auch den Einsatz von V-Leuten. So heißt es in den Handlungsempfehlungen, dass sie keine erheblichen Straftaten begangen oder psychisch beeinträchtigt sein dürfen, zudem sollen sie sich nicht in einem Aussteigerprogramm befinden. Als problematisch hat sich die Speicherung von Personendaten erwiesen. Ein Vorschlag ist, die Fristen zur Überprüfung einer weiteren Speicherung zu verkürzen.

2010 zeigte sich, dass zwei Migranten aus politischen Gründen die Einbürgerung verweigert worden war. Der damalige Innenminister Schünemann (CDU) und der Verfassungsschutz sollen sich in die Verfahren einer Linken-Politikerin und eines politisch aktiven Studenten eingemischt haben.

2011 kam heraus, dass der niedersächsische Verfassungsschutz die Verbindung des in Hannover lebenden Holger G. zum NSU übersah.

2013 erklärte das Innenministerium, dass der Verfassungsschutz rechtswidrig Daten über Journalisten gesammelt und dies anschließend geleugnet habe.

Auch Reaktionen auf die rechtswidrige Datenspeicherung von Journalisten, wie im Fall der taz-Autorin Andrea Röpke, finden sich in dem Papier wieder. So seien gesetzliche Regelungen zukünftig so „klar und präzise zu formulieren, dass es nicht zu unverhältnismäßigen oder sonst fehlerhaften Speicherungen kommt“. Zudem solle die Zusammenarbeit mit der Polizei verbessert werden. Eine „falsch verstandene Geheimhaltung“ dürfe nicht noch einmal dazu führen, dass terroristische Entwicklungen übersehen würden.

Trotz Kritik in der Vergangenheit will Pistorius auf den Verfassungsschutz zur Beobachtung islamistischer Tendenzen nicht verzichten – den Muslimen aber mit mehr Respekt begegnen.

Pistorius betonte, dass sich die Reform einzig auf Rahmenbedingungen der Behörde bezöge. „Es geht nicht darum, die bisherige Arbeit der Beschäftigten zu diskreditieren.“ Auf der Grundlage der Handlungsempfehlungen sollen die Fachausschüsse nun eine Gesetzesnovelle erarbeiten. Das Gesetz träte frühestens 2015 in Kraft, so Pistorius.

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