Streit um Onlineportal Uni Assist: Bewerber müssen blechen

Deutsche Staatsbürger kostet eine Bewerbung über Uni Assist nichts – ausländische Bewerber bezahlen dafür Geld. Berlins Asten fordern, das zu ändern.

Wer hier sitzt, ist schon Teil der Uni: Hörsaal mit Erstis. Bild: dpa

„Ich klage aus Prinzip“, sagt Maciej Kawecki, Bachelorstudent in Volkswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität (HU). „Dass nur die ausländischen Studierenden Gebühren für Bewerbungen zahlen müssen, geht gegen europäisches Recht“, findet er. Vor zwei Jahren hat sich der gebürtige Pole über das Onlineportal Uni Assist an drei deutschen Unis beworben, dafür 73 Euro ausgegeben – und einen Platz bekommen. Trotzdem hat Kawecki nie verstanden, dass ihn die Bewerbung so viel Geld kosten sollte und deutsche Staatsbürger nichts.

Uni Assist bewertet für Hochschulen, ob internationale Bewerbungsunterlagen richtig und vollständig sind. Am 4. April hat Kaweckis Anwalt die Klage gegen die Humboldt-Universität eingereicht. Das Auslagern universitärer Aufgaben an einen externen Verein wirft Kawecki der HU vor. Die Kosten für die Klage übernimmt die Studierendenvertretung RefRat der HU.

Mit seiner Kritik ist Maciej Kawecki nicht allein: Studierendenvertreter der Freien Universität (FU), der Humboldt-Universität und der Technischen Universität (TU) fordern den Austritt aus dem Bewerbungsportal. „Wieso sollen Menschen abhängig davon, welcher Nationalität sie angehören, Gebühren für Bewerbungen zahlen?“, fragt Philipp Barth vom Asta der FU. „Jede zweite Bewerbung scheitert an den bürokratischen Hürden“, so sein Kollege Joao Fidalgo von der HU. „Häufig ist es so, dass bei der Bewerbung etwas fehlt, Uni Assist aber erst darüber Bescheid gibt, wenn die Frist ohnehin schon abgelaufen ist“, sagt Fidalgo weiter.

Die Kritik an Uni Assist ist nicht neu – allerdings haben zwei Dinge Anlass zu neuen Diskussionen über das Serviceportal gegeben. Auf eine Anfrage von Piratenpolitiker Martin Delius hieß es vonseiten des Senats zum Vorwurf der unzuverlässigen Arbeitsweise des Portals lapidar: „Bei dem hohen Arbeitsaufwand bleibt Kritik nicht aus.“ Dieser Ausspruch sorgte bei den Asten erneut für Empörung. Außerdem plant Uni Assist eine Erhöhung des Bewerbungsentgelts um 10 Prozent. Das geht aus einer Einladung zur letzten Mitgliederversammlung Ende März hervor.

Studienbewerber aus EU-Ländern müssen derzeit 43 Euro für eine Bewerbung zahlen, Bewerber aus anderen Ländern 68 Euro. Jede weitere Bewerbung kostet 15 Euro. Gegenstand der Kritik ist auch die Tatsache, dass EU-Bürger weniger zahlen als Nicht-EU-Bürger. Uni Assist verteidigt die Kosten mit dem anfallenden Aufwand der Prüfung der Zeugnisse. „Hierfür fallen Kosten an, die über ein Entgelt der Studienbewerber beglichen werden“, so Bettina Böhme, Geschäftsführerin von Uni Assist.

Uni Assist reagiert nun auf die Kritik, indem die Beträge für alle vereinheitlicht werden – und voraussichtlich um 10 Prozent erhöhen. „Das ist zynisch“, so Barth von der FU. Auf Nachfrage möchte Uni Assist nur bestätigen, dass auf der Mitgliederversammlung Ende März eine Abstimmung über den Betrag „eingeleitet wurde“. In der Einladung zu jener Mitgliederversammlung ist allerdings zu lesen, dass 75 Euro pro Bewerber aus dem Ausland vorgeschlagen werden. Diese Erhöhung der Kosten werde laut Einladung als Möglichkeit zur Schließung einer „Finanzlücke“ gesehen.

161 Hochschulen sind nach eigenen Angaben deutschlandweit Mitglied bei Uni Assist. In den vergangenen zwei Semestern haben sich laut Uni Assist über 57.000 Studenten über das Serviceportal an einer deutschen Universität beworben. Die meisten davon kamen aus Staaten außerhalb der EU.

Studierendenvetreter der Berliner Universitäten fordern die universitären Leitungen jetzt auf, nach Alternativen zu Uni Assist zu suchen. Die Leitung der HU hat laut Stefan Baron, einem Sprecher der HU-Leitung, ausgerechnet, dass ein Verzicht auf Uni Assist bis zu 600.000 Euro kosten würde. Das sei zu teuer. Trotzdem sei man einen Schritt in Richtung Gleichstellung gegangen, so Baron: Künftig werde nicht nach Pass entschieden, sondern nach der Herkunft des Zeugnisses. Das heißt, auch Bewerber aus Deutschland mit Zeugnissen aus dem Ausland müssen ihre Dokumente über Uni Assist einreichen.

„Das erscheint wie eine schlechte Komödie“, sagt Maciej Kawecki. „Uni Assist gibt es erst seit wenigen Jahren – vorher hat die Uni das doch auch allein geschafft“, sagt er. Bislang habe es Uni Assist seiner Meinung nach leicht gehabt: „Aus meiner Erfahrung beklagen sich Ausländer sehr selten. Oft sind sie sprachlich unsicher und haben administrative Schwierigkeiten.“ Er bekommt bei seiner Klage Unterstützung vom HU-RefRat und dem Studierendenparlament. Auch die Studierendenausschüsse der anderen Universitäten wüssten von seiner Klage. Was er damit erreichen will: „Die HU muss sich jetzt entscheiden, ob sie europäisch ist oder nicht.“

ANNA BORDEL

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