Refomierbarer „Scheißhaufen“

ÜBERWACHUNG Rot-Grün will Niedersachsens Verfassungsschutz besser kontrollieren – demnächst

Trotz illegaler Datensammlungen bekennt sich Niedersachsens rot-grüne Landesregierung zum Verfassungsschutz. „Die Abschaffung ist keine Option und was es auch nie“, sagte SPD-Innenminister Boris Pistorius bei seiner gestrigen Regierungserklärung im Landtag. Auch die Grünen stehen zu den Verfassungsschützern – dabei hatten sie noch im Wahlkampf die Auflösung der Landesbehörde gefordert. Der Verfassungsschutz sei ein „Scheißhaufen“, fand die Fraktionsvorsitzende Anja Piel im Oktober 2012.

„Ich bin der Überzeugung, dass wir den Verfassungsschutz brauchen“, sagt der grüne Fraktionsgeschäftsführer Helge Limburg dagegen heute. Nötig seien allerdings grundlegende Reformen: Erst am Dienstag hatte Pistorius zusammen mit Verfassungsschutz-Präsidentin Maren Brandenburger die Ergebnisse einer Task Force vorgestellt, nach der mindestens 20 Prozent der gespeicherten Personen zu Unrecht ins Visier des Verfassungsschutzes geraten sind. Von mehr als 9.000 personenbezogenen Datensätzen sollen 1.937 sofort und weitere 1.564 „zeitnah“ gelöscht werden – darunter etwa der eines Landwirts, der nach der Teilnahme an gewaltfreien Anti-Atom-Protesten als „linksextrem“ eingestuft worden war.

Pistorius kündigte einen „Neustart für den niedersächsischen Verfassungsschutz“ an: Dessen Kontrolle soll besser und für die BürgerInnen nachvollziehbarer werden. So soll der zuständige Landtagsausschuss künftig auch öffentlich tagen dürfen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf will er im Herbst vorlegen.

Die Opposition aus CDU und FDP kritisierte dagegen die Löschung der weitgehend in ihrer Regierungszeit angelegten unrechtmäßigen Dateien. Damit drohten Informationen über Extremisten verloren zu gehen. „Illegal“, nichts weiter sei die Datensammlung, konterten Sozialdemokraten und Grüne per Zwischenruf.  WYP