„Unzählige offene Fragen“

TERROR Im NSU-Prozess wird der erste Sprengstoffanschlag der Rechtsterroristen in Köln verhandelt. Die Ermittler tappten jahrelang im Dunkeln. Landtag in NRW richtet NSU-Untersuchungsausschuss ein

MÜNCHEN taz/dpa | Erstmalig wurde im Münchner NSU-Prozess ein Anschlag der Rechtsterroristen verhandelt. Im Januar 2001 war in einem Kölner Lebensmittelgeschäft ein Sprengsatz explodiert, der dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ zugeschrieben wird.

Zwei Kölner Kripoermittler sagten am Dienstag aus, sie seien am 19. Januar 2001 zum Tatort in der Probsteigasse gerufen worden. „Wir konnten uns nicht erklären, wo das Motiv für diese Tat ist“, erklärte der damalige Ermittlungschef. Als eine Möglichkeit hätten man erwogen, „dass eine iranische Organisation in Betracht kommt“. Das Opfer und seine Familie sind iranischer Abstammung. Auch einen rechtsextremen Hintergrund habe die Kripo für möglich gehalten, aber nicht erhärten können.

Die Verbindung zum NSU-Trio wurde erst elf Jahre später offenbar: Hinweise auf den Anschlag fanden sich in den Trümmern der von Beate Zschäpe in Brand gesteckten Wohnung in Zwickau. Laut Anklage hatte eines der beiden anderen NSU-Mitglieder, Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt, einen Korb mit einer Christstollen-Dose in dem Geschäft abgestellt. Mit der Begründung, sein Geld vergessen zu haben und dieses zu holen, verließ er den Laden. Zurück blieb die Dose, die eine mit Schwarzpulver gefüllte Druckflasche enthielt. Die damals 19 Jahre alte Mashia M., Tochter des Ladenbesitzers, öffnete einen Monat später die Dose und erlitt bei der Explosion schwerste Verletzungen.

Am Dienstag beschloss der Landtag in Nordrhein-Westfalen, sich mit der NSU-Mordserie zu befassen. Die CDU-Fraktion beantragte das Gremium, da es noch „unzählige offene Fragen“ gebe. Im Fokus sollen der Anschlag in der Probsteigasse und ein zweiter 2004 in der Keupstraße stehen, dazu der Mord an dem Kioskbesitzer Mehmet Kubasik. Beginnen soll der Ausschuss nach den Sommerferien.