Kommentar Kampf gegen IS: Völkermord und Landtagswahlen

Die Debatte um einen Armeeeinsatz gegen Dschihadisten verläuft zynisch – auch wegen der Wahlen. Deswegen redet niemand über die UNO.

Niemand hat die Absicht, Helme zu verteilen. Bild: imago/Roland Mühlanger

Es war abzusehen, dass sich jemand aus der zweiten oder dritten Reihe in der Hoffnung zu Wort melden würde, eine Grundsatzdebatte auszulösen. Nun hat also Philipp Mißfelder von der CDU dieses Rennen gewonnen, bei dem als Lohn für den ersten Platz die Aufmerksamkeit der Medien winkt. Glückwunsch.

In der Sache hilft das, was Mißfelder gesagt hat, nicht recht weiter: Er hält einen „Kampfeinsatz“ der Bundeswehr gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ für möglich, denkt aber zugleich, dass Bodentruppen „aus dem Westen insgesamt“ undenkbar seien. Anders ausgedrückt: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Wenig später erklärt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, er schließe eine deutsche Beteiligung an Luftschlägen aus.

Weshalb eigentlich? Weil er sie für falsch hält? Sollte das so sein, dann müsste Steinmeier dafür eintreten, dass keinerlei Ziele in der umkämpften Region angegriffen werden.

Die Bundesregierung dürfte sich unter diesen Umständen überhaupt nicht an einer militärischen Kooperation gegen den „Islamischen Staat“ beteiligen. Weil ja auch logistische Hilfe keinen anderen Zweck erfüllt als den, den Verbündeten bei den Kampfhandlungen behilflich zu sein.

Im Kontext der Wahlen

Der Eindruck verstärkt sich, dass deutsche Politiker einige Tage vor Landtagswahlen versuchen, mit Außenpolitik auf Stimmenfang zu gehen. Und zwar mit Begriffen, die wenig mit der konkreten Situation zu tun haben, aber viel mit der Vergangenheit friedenspolitischer Diskussionen. Die jedoch unter anderen Vorzeichen geführt wurden.

Das geht an der Sache vorbei. Die Terrorganisation IS verübt Verbrechen, die auf Völkermord hindeuten. Das ist eine Angelegenheit der UNO, nicht einzelner ihrer Mitgliedsstaaten. Und die Vereinten Nationen haben in einem solchen Fall nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, einzugreifen.

Warum also bemüht sich derzeit niemand um ein Mandat des UN-Sicherheitsrates - obwohl doch sogar Russland und China signalisiert haben, dass sie zu einer Zustimmung bereit wären? Weil ein solches Mandat den Einsatz von Bodentruppen westlicher Staaten unvermeidlich machte. Das wäre jedoch unpopulär, und deshalb beschränkt man sich bei öffentlichen Äußerungen lieber auf Floskeln. Was für ein Zynismus.

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Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).

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