Jetzt kommt die Kälte

ASYL Ein breites Bündnis kritisiert den Rauswurf der 99 Flüchtlinge vom Oranienplatz

Die Kritik am Senat wegen seines Umgangs mit den Oranienplatz-Flüchtlingen reißt nicht ab. Ein breites Bündnis von Migrationsrat Berlin-Brandenburg über Gorki- und Grips Theater sowie Initiativen wie das Bündnis gegen Rassismus protestierte am Donnerstag gegen den Rauswurf von 99 Flüchtlingen aus ihren Heimen. „Trotz einbrechender Kälte“ habe das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) „die Menschen auf die Straße gesetzt“, kritisieren die Unterzeichner in einer Stellungnahme. Diese „Massenräumung und der Zwang in die Obdachlosigkeit reihen sich ein in eine lange Liste von Unmenschlichkeiten und Ungerechtigkeiten“.

Am Mittwoch hatte das Lageso 99 Flüchtlingen, für die das Oranienplatz-Abkommen gilt, jede weitere Unterstützung gekündigt – und dass, obwohl laut Flüchtlingsrat zahlreiche von ihnen noch mitten im Anerkennungsverfahren mit der Ausländerbehörde stecken. Allerdings hat Letztere bislang fast keinem Oranienplatz-Flüchtling eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, die allermeisten sollen in das für sie zuständige Bundesland oder nach Italien zurückkehren. „Jetzt, da der Senat Plätze für neu ankommende Asylsuchende braucht, werden sie kurzerhand auf die Straße gesetzt“, sagt Nora Brezger vom Flüchtlingsrat.

Angesichts der ausweglosen Lage hat am Dienstag ein Mann namens Amir Wajihat aus Pakistan versucht, sich das Leben zu nehmen. Laut Asif A., ein Freund Wajihats und Mitglied des Netzwerks „Stop deportation“, kam Polizei in sein Heim in der Neuköllner Haalemer Straße, um ihn mitzunehmen und nach Ungarn abzuschieben. „Er nahm Schlaftabletten und war mehr als einen Tag bewusstlos“, sagt A. Inzwischen sei er jedoch außer Lebensgefahr und werde im Klinikum Neukölln behandelt. SUM