„Mehr Geld als die NPD“

VORTRAG Soziologe über die drei Fraktionen innerhalb der rechtspopulistischen AfD

■ 51, Publizist, Blogger und Soziologe. Beschäftigt sich mit Bildung und antifeministischer Männerrechtsbewegung.

taz: Herr Kemper, Sie haben die Alternative für Deutschland (AfD) analysiert. Mit welchem Ergebnis?

Andreas Kemper: Ich habe festgestellt, dass es drei Fraktionen gibt, die die AfD aufgebaut haben: Da sind die bekannten neoliberalen Professoren, wie Jörn Kruse aus Hamburg, Bernd Lucke oder Hans-Olaf Henkel, der seit den 1990ern versucht, diese Politik zu machen.

Welche Politik ist das?

Den Sozialstaat also möglichst abzubauen, Steuern für Reichere zu minimieren, Gewerkschaften auszuhebeln und das Parteiensystem so zu ändern, dass Parteien weniger zu sagen haben. Aktuell ist die zweite Fraktion wichtig: Rechtspopulisten oder national-konservative Kräfte, die die Pegida unterstützen.

Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, die in Dresden demonstrieren.

Das ist das parteipolitisch aktive Kleinbürgertum, das zuvor versucht hat, Parteien wie die Republikaner, „Die Freiheit“ oder „Pro Deutschland“ aufzubauen. Die sind jetzt alle bei der AfD.

Wer ist die dritte Fraktion?

Die aristokratisch-klerikalen Vertreter wie die AfD-Europaabgeordnete und Herzogin Beatrix von Storch, die erzreaktionäre geschlechterpolitische Positionen vertreten.

Wie zeigen sich die Konflikte?

Etwa an der Frage der Westbindung: Ist die AfD eher pro Nato und für die USA – oder pro Putin und gegen Sanktionen. Auf ihrem Parteitag sprach sich AfD gegen Sanktionen gegen Russland aus, die neoliberalen Vertreter wie Joachim Starbatty, Lucke oder Henkel stimmten später für Sanktionen. Das brachte die Partei damit fast zum Zerreißen. Auch am Freihandelsabkommen TTIP scheiden sich die Geister: Die national-konservativen Kreise sind dagegen, die neoliberalen, die Unternehmensinteressen vertreten, eher dafür.

Was ist das Neue an der AfD?

Hinter ihr steht sehr viel mehr Geld als hinter Parteien wie der NPD, die vielleicht einen Millionär in ihren Reihen hat, der Häuser oder Zeitungen finanziert. Bei der AfD sind es potentiell Milliardäre wie August von Finck. Wenn sie die Interessen der Familienunternehmer vertritt, hat sie keine Probleme mit der Finanzierung, die für Parteien das A und O ist.

Wer finanziert die AfD in Hamburg?

Bisher waren das vor allem Kredite vom Reeder Folkard Edler. INTERVIEW: LKA

Vortrag „AfD – eine kritische Analyse“: 19 Uhr, Infoladen Wilhelmsburg, Fährstraße 10