Rassistische Kostenpolitik

STUDIUM Für einen Studienplatz in Deutschland müssen ausländische Bewerber beim Onlineportal Uni Assist zahlen. Die Kosten dafür sind gestiegen

Sich direkt mit den Mitarbeitern von Uni Assist in Verbindung zu setzen ist für die Bewerber nicht möglich. Das geht nur per E-Mail oder Telefon

Die Grenze zwischen den Bewerbern aus der EU und dem Rest der Welt hat das Onlineportal Uni Assist nach Protesten aufgegeben. Dafür müssen ausländische Studienbewerber in Zukunft tiefer in die Tasche greifen: 75 Euro soll jeder Studienbewerber aus dem Ausland für die erste Bewerbung nun zahlen, 15 Euro für jede weitere. Ab Wintersemester 2014/ 2015 gilt die neue Kostenregelung. Zuvor mussten Bewerber aus EU-Ländern 43 Euro für eine Bewerbung zahlen, Bewerber aus anderen Ländern 68 Euro.

Deutschlandweit lassen 167 Hochschulen ihre Bewerbungen über Uni Assist laufen. Für ausländische Bewerber ist die Bearbeitung kostenpflichtig, für Deutsche umsonst. Unter anderen werden die Echtheit und Vollständigkeit der Bewerbungsunterlagen überprüft sowie ausländische Zeugnisse bewertet.

Seit Jahren hatte es Kritik an der Kostenpolitik gegeben, die aus Sicht vieler Allgemeiner Studentenausschüsse (Asten) rassistisch sei. „Die Kosten gehören abgeschafft“, sagt Joao Fidalgo vom Refrat der Humboldt-Universität der taz.

Die Anhebung der Kosten sei erforderlich, weil die Bearbeitung „aufgrund komplexerer Zugangsvoraussetzungen und hochdifferenzierter Standards der Mitgliedshochschulen“ aufwendiger geworden sei, heißt es dagegen in einem Schreiben von Uni Assist auf Nachfrage der taz. Außerdem gebe es jedes Jahr mehr Bewerber.

Für das laufende Semester hat Uni Assist nach eigenen Angaben die Unterlagen von 48.807 Bewerbern geprüft. Auch auf der Website des Portals wird als Grund für die Erhöhung „ein erhöhter Finanzbedarf infolge dringend benötigter Infrastrukturmaßnahmen (Softwareentwicklung)“ genannt.

Diese Angaben bestätigt die Geschäftsführerin von Uni Assist, Simone Will, man müsse technisch auf der Höhe sein. Joao Fidalgo von der HU findet das jedoch unverständlich: „Wieso bezahlen die Hochschulen die Softwareentwicklung nicht selber? Wieso müssen dafür die Bewerber aufkommen?“

Uni Assist hat nach eigenen Angaben im Sommer 78 Prozent der eingereichten Bewerbungen erfolgreich an die Universitäten weiterleiten können. Die Unterlagen einer Bewerberin aus Hamburg waren jedoch nicht darunter, wie sie berichtet. Uni Assist teilte ihr fünf Tage vor dem Ende der Bewerbungsfrist an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg mit, dass sie noch Unterlagen nachreichen müsse. Sie schickte die fehlenden Dokumente per Express nach, vergeblich. Uni Assist reichte ihre Bewerbung zehn Tage darauf bei der Hochschule ein, zu spät. Die Bewerberin muss nun ein Jahr warten, um sich erneut bewerben zu können – Gebühren musste sie trotzdem zahlen.

Uni-Assist-Geschäftsführerin Will meint, dass solche Fälle dann auftreten, wenn die Bewerber die vier- bis sechswöchige Bearbeitungszeit nicht berücksichtigen und ihre Unterlagen unvollständig sind. „Uni Assist, wie auch die Hochschulen, machen die Anforderungen transparent“, erklärt Will.

Sich direkt mit den Mitarbeitern von Uni Assist in Verbindung zu setzen ist für die Bewerber nicht möglich. Die persönlichen Sprechstunden wurden abgeschafft. Anfragen können per E-Mail versendet werden oder in den telefonische Sprechzeiten erfolgen.

Der Refrat der Humboldt-Universität und der Asta der Freien Universität forderten ihre Universitäten auf, das Bewerbungsverfahren wieder selbst zu übernehmen. Vor der Gründung des Vereins Uni Assist im Jahr 2003 hätte das schließlich auch geklappt. Jedoch ohne Erfolg – der Bearbeitungsaufwand sei zu teuer, hatte ein Sprecher der HU-Leitung schon im Mai dieses Jahres der taz gesagt. Wenigstens ein Kritikpunkt der Asten fällt weg, denn zwischen EU- und nicht Nicht-EU-Bürgern wird von Uni Assist nicht mehr unterschieden. ANNA BORDEL