Unsere Bilder im Kopf

GEDENKEN IM BUNDESTAG Die Kanzlerin verteidigt die offene Gesellschaft und die Muslime – CDU-Fraktionschef Kauder wünscht sich bei aller Freiheit mehr „Sorgfalt“ der Medien

VON ANJA MAIER

BERLIN taz | Die Kanzlerin trägt Anthrazit. Die Farbe ihres Zweireihers entspricht dem Anlass. Gemeinsam will der Bundestag der Anschlagsopfer von Paris gedenken – und Angela Merkel in einer Regierungserklärung darlegen, wie ihre Strategie gegen den Terrorismus aussieht.

Es gebe, sagt Angela Merkel zu Beginn ihrer Rede, „zwei große Übel unserer Zeit: mörderischen Islamismus und Antisemitismus“. Merkel appelliert an die Bürger, die offene Gesellschaft zu schätzen und sich aus diffusen Ängsten nicht spalten zu lassen. „Jede Ausgrenzung von Muslimen in Deutschland, jeder Generalverdacht verbietet sich“, sagt sie, „als Bundeskanzlerin nehme ich in diesem Land die Muslime dagegen in Schutz.“

In mehreren Punkten legt sie dar, was die Bundesregierung zum Schutz der Bürger plant. Demnach sollen Hassprediger und Gewalttäter konsequent bekämpft werden; mit dem Entzug des Personalausweises für verdächtige Personen will man deren Ausreise in Konfliktgebiete verhindern. Notwendig seien mehr innereuropäische Absprachen zur Terrorabwehr. Deutschland werde sich politisch, humanitär und militärisch an der Bekämpfung der Terromiliz Islamischer Staat beteiligen.

Im Inland sagte sie eine bessere Ausstattung der Sicherheitsbehörden zu. Der Nachrichtenaustausch zwischen den einzelnen Bundesländern soll verstärkt werden. Beim Thema Vorratsdatenspeicherung fordert sie die EU-Kommission auf, rasch einen neuen Vorschlag zu deren Wiedereinführung zu unterbreiten (siehe Text unten).

„Wir alle haben Fremdbilder im Kopf“, sagt Merkel, ohne Pegida beim Namen zu nennen. „Bei manchen werden Fremdbilder zu Feindbildern.“ Das lasse sich verhindern durch Aufklärung und Kennenlernen. Zugleich fordert sie muslimische Geistliche auf, Fragen an den Islam zuzulassen und zu klären. Auch das halte sie für „wichtig und dringlich“.

In der anschließenden Debatte sagt Linken-Chef Gregor Gysi, man müsse die Ursachen des Terrorismus wie Hunger und Armut bekämpfen. Die Fraktionschefs von Grünen und SPD, Anton Hofreiter und Thomas Oppermann, wenden sich gegen die Stimmungsmache von Pegida. Und Unionsfraktionschef Volker Kauder mahnt, bei aller publizistischen Freiheit wünsche er sich manchmal etwas mehr „Sorgfalt“ der Medien. Er wolle zwar, dass alles möglich ist – aber er möchte manchmal nicht, dass es auch gemacht wird. Da wünsche er sich „von der Gesellschaft“, dass sie stärker widerspreche.