Richter verhindert Abschiebung

ASYLVERFAHREN Das Verwaltungsgericht Göttingen stoppt die Abschiebung eines 24-Jährigen. Der Landkreis hält den vorbestraften Mann für nicht integriert, das Gericht sieht das anders

Hassan G. sollte am gestrigen Dienstagmorgen in die Türkei ausgewiesen werden. Doch das Verwaltungsgericht Göttingen hat die Abschiebung des 24-Jährigen aus Nörten-Hardenberg gestoppt. Trotz einer Vorstrafe wegen Raubes und gefährlicher Körperverletzung fiel die Prognose für Hassan G. positiv aus.

Er sei trotz türkischen Passes „faktischer Inländer“, in Deutschland tief verwurzelt und integriert, sagte Gerichtssprecher Dieter Wenderoth. Der Sohn kurdischer Einwanderer wurde in Niedersachsen geboren und spricht fließend Deutsch. Dass ihn die Ausländerbehörde des Landkreises Northeim trotzdem abschieben wollte, ist für den Arbeitskreis Asyl Göttingen, der den Mann unterstützt, „im großen Stil betriebene Menschenrechtsverletzung“. Erst nach zehn Jahren sei der Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis vom Landkreis abgelehnt worden, da Hassan G. „nicht integriert“ sei, heißt es in einer Pressemitteilung des Arbeitskreises. Der Landkreis äußerte sich aus Datenschutzgründen nicht.

„Ich hab hier einen festen Arbeitsplatz, verdiene mein Geld“, sagte der Asylbewerber dem NDR. Seit mehr als vier Jahren arbeite er bei einer Zeitarbeitsfirma, die Dämmwolle für die Autoindustrie herstellt. In der Türkei fehlten ihm die Perspektiven. „Die türkische Sprache kann ich nicht ein bisschen“, sagte er.

Der feste Arbeitsplatz und seine Mitgliedschaft in einem Sportverein hätten für eine wirtschaftliche und soziale Integration gesprochen, sagt Gerichtssprecher Wenderoth – und damit gegen die Abschiebung. Als Gegenargumente wogen der fehlende Schulabschluss, etliche Ermittlungsverfahren und die Vorstrafe wegen Raubes schwer. Doch seine Bewährungshelferin berichtete, dass sich G. grundlegend gewandelt habe. „Er bekommt eine zweite Chance“, sagt Wenderoth.

Bisher verschob das Gericht die Abschiebung aufgrund eines Eilantrages nur, eine Klage läuft. Bis zur endgültigen Entscheidung benötige der 24-Jährige schnellstmöglich eine Duldung, erklärte der Arbeitskreis Asyl. „Damit er wieder beginnen kann zu arbeiten und seinen Job nicht verliert.“  REA