Zuwanderung nach Punkten

EINWANDERUNGSGESETZ SPD-Fraktionschef Oppermann will Einwanderung nach kanadischem Muster regeln. Die Union ist in dieser Frage gespalten

Der CDU-Wirtschaftsflügel ist für ein Einwanderungsgesetz, die CSU stellt sich quer

AUS BERLIN DANIEL BAX

Die Debatte um ein Einwanderungsgesetz nimmt an Fahrt auf, denn die SPD macht Druck. Sie führt dafür auch ökonomische Gründe an. „Bis zum Jahr 2025 werden wir über 6 Millionen Arbeitskräfte verlieren“, warnte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Montag in Berlin. „Das wird vor allem dramatische Folgen für unser Rentensystem haben“, erklärte sie, nachdem sich das Parteipräsidium über das Thema beraten hatte.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte vor zwei Wochen angekündigt, seine Partei wolle bis Ende Februar ein Konzept für ein Einwanderungsgesetz vorlegen. Am Wochenende wurde er dann erstmals konkret: Mit einem flexiblen Punktesystem nach kanadischem Vorbild möchte er den Zuzug von Ausländern nach Deutschland steuern. Es sei sinnvoll, „den Bedarf an Nicht-EU-Einwanderern jedes Jahr neu festzulegen“, sagte Oppermann der Bild am Sonntag.

Fahimi gab sich zurückhaltender: „Das Punktesystem kann ein Modell sein“, erklärte sie. Wichtig sei, die verschiedenen Regelungen in ein gutes Modell zu überführen.

Es war der CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der im Januar erstmals ein Einwanderungsgesetz ins Spiel gebracht hatte. In der Union holte er sich dafür zunächst eine Abfuhr. Unterstützung erhielt er jetzt aber vom Wirtschaftsflügel seiner Partei.

Die Debatte dürfe „nicht im Keim erstickt werden“, sagte Carsten Linnemann, der Vorsitzende der Wirtschafts- und Mittelstandsvereinigung der Union (MIT), in der Welt. Der Fachkräftemangel werde künftig besonders für Familienunternehmer auf dem Land zum Problem. Und auch der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, sprach sich wie der SPD-Mann Oppermann dafür aus, die Zuwanderung nach dem Vorbild Kanadas mit einem Punktesystem zu steuern.

Doch die CSU stellt sich quer. „Wir brauchen keine neuen Zuwanderungsregeln“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt am Montag. Es gebe schon seit Jahren eine Liste mit Mangelberufen, die jährlich angepasst werde. „Ein Punktesystem ergibt daher keinen Sinn, sondern schafft nur noch mehr Bürokratie.“ Auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer erklärte in der Passauer Neuen Presse, die bestehenden Regeln – Asylgesetz, EU-Freizügigkeit und die Blue Card für Arbeitnehmer von außerhalb der EU – reichten voll aus: „Mit der CSU wird es kein Einwanderungsgesetz geben.“

Stattdessen forderte Scheuer die SPD auf, beim Asyl auch Albanien, Kosovo und Montenegro zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, wie es Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann gefordert hatte. Asylbewerber aus diesen Ländern würden „nur unsere Verwaltung lahmlegen“, so Scheuer.

Das ficht die SPD nicht an. „Wenn die Renten nicht mehr bezahlt werden können, weil zu wenig Beitragszahler da sind, werden auch die größten Skeptiker nach qualifizierten Einwanderern rufen“, gab sich Oppermann überzeugt, dass am Ende auch in der Union „das ökonomische Interesse entscheiden“ werde.

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