Die CSU anders und immer gleich

DRAUFHAUEN Beim politischen Aschermittwoch gibt sich die CSU europafreundlich und schont die Opposition. Scharf wird der Ton, wenn es um Griechen geht – und Flüchtlinge

■ Seehofer über die SPD: „Die SPD erinnert mich an Christoph Kolumbus. Als er losgefahren ist, hat er nicht gewusst, wohin. Als er angekommen ist, hat er nicht gewusst, wo er ist. Als er heimgekommen ist, hat er nicht gewusst, wo er war – und das alles mit dem Geld anderer Leute.“ „Die Bayern-Trend-Umfrage hat ergeben, dass sogar Anhänger der Opposition froh sind, dass in Bayern die CSU regiert. Dann wählt doch lieber gleich richtig. Des bisschen Opposition macht die CSU dann mit.“

■ Stoiber zu Griechenland: „Die Griechen sollten sich mal fragen: ‚Wie viel Tritte kann man der Kuh geben, die man melken will?‘ “

AUS MÜNCHEN LISA SCHNELL

Von außen ist alles wie immer beim politischen Aschermittwoch der CSU. Zu Blaskapellentrompeten um neun in der Früh strömen Lederhosenburschen mit roten Kniestrümpfen in den blau-weiß dekorierten Saal. Gegen den Durst gibt’s 7.000 Liter Bier, fürs bayerische Gemüt erhoffen sie sich „markige Sprüche“. Nicht umsonst ist der Aschermittwoch als die größte Hau-drauf-Veranstaltung Deutschlands bekannt.

Und doch ist dieses Jahr alles anders. Schon unter den Sprüchen an der Wand, die wohl – ganz modern – an Tweets erinnern sollen, findet sich außer „Nur Nahles vernichtet Bares“ kein Schuss gegen die Opposition. Dann betritt Manfred Weber als erster Redner die Bühne. Vor einem Jahr hieß es noch Manfred wer? Da gönnte Ministerpräsident Horst Seehofer dem EVP-Fraktionschef aus Niederbayern nur ein leises Grußwort, dieses Jahr redet dieser genauso lange wie Seehofer selbst. Wo 2014 der CSU-Europakritiker Peter Gauweiler die EU-Kommission noch als „Flaschenmannschaft“ beschimpfte, schlägt Weber ganz andere Töne an. Russlandverstehern, zu denen auch Gauweiler gezählt wird, sagt er: „Entschuldigung, wir dürfen uns nicht veralbern lassen“, und wirbt für scharfe Sanktionen. Von seiner Partei erwartet er mehr Verständnis für Menschen, „denen man halt ansieht“, wo sie herkommen. „Wir dürfen nicht nach Herkunft und Aussehen entscheiden, sondern wir müssen entscheiden, für welche Werte er steht.“ Natürlich ist Weber auch in der CSU. Den Flüchtlingen aus dem Kosovo ruft er zu: „Geht heim“, und die Griechen müssten sich nicht einbilden, dass Bayern ihren „Schlendrian“ bezahlt. Tobender Applaus. Und eine gute Vorlage für Exministerpräsident Edmund Stoiber, „Mister Aschermittwoch“. Bei ihm klettern die Zuhörer zum einzigen Mal auf die Tische. „Stoibi“ soll sie nicht enttäuschen.

■ „Gegen eine Mitgliedschaft im Kabinett von Horst Seehofer sei eine Folterkammer eine Wärmestube“, lästerte Siegmar Gabriel beim politischen Aschermittwoch der SPD. Auch sonst ließ der Bundeswirtschaftsminister kein gutes Haar an der CSU. Er kritisierte ihren anhaltenden Widerstand gegen Stromtrassen: „Diesen Unsinn müssen wir stoppen – im Interesse Bayerns, aber auch im Interesse ganz Deutschlands.“

■ Nachdenklicher ging es bei den Grünen zu. Parteichef Cem Özdemir sagte: „Die eigentlichen Probleme haben nicht wir. Die eigentlichen Probleme haben die Bürgermeister im Libanon, die Bürgermeister in Jordanien, die Bürgermeister im Osten der Türkei. Die würden sich die Probleme, die wir hier haben, wünschen.“

■ Linkspartei-Chef Gregor Gysi wurde in Passau sogar inhaltlich. Er forderte, dass Staatsbürger, die im Ausland leben, weiter im Heimatland steuerpflichtig bleiben, wie dies in den USA Gesetz sei, sagte Gysi. „Warum können wir das nicht endlich in Deutschland einführen?“ Auch die anderen europäischen Länder sollten eine solche Steuererklärungspflicht für Bürger mit Wohnsitz im Ausland beschließen, forderte er.

Er hat die perfekte Ouvertüre: Die Luft ist schon gehörig mit Bierdunst angereichert. Alte Schwarz-Weiß-Bilder vom CSU-Urvater Franz Josef Strauß, dessen 100. Geburtstag die CSU an diesem Mittwoch feiert, versetzen das Publikum in die richtige Mia-san-mia-Stimmung. Die deftigen Seitenhiebe, mit denen Strauß den Aschermittwoch berühmt gemacht hat, Stoiber liefert sie. Integration heißt für ihn: den rechten Rand integrieren. „Wer hat denn die Republikaner zurückgedrängt?“, ruft er. Die Grünen seien es nicht gewesen mit ihrem „Multikulti und Wischiwaschi“. Zweimal muss Stoiber auf die Bühne, weil der Applaus nicht abbrechen will.

Von stehenden Ovationen und Hey-hey-Rufen kann Seehofer nur träumen. Der Aschermittwoch ist nicht seine Lieblingsveranstaltung. Fast immer ereilte ihn zu dem Termin eine Erkältung. Stoiber heizte den Saal fast eine Stunde an, Seehofer nimmt sich bescheidene 30 Minuten. Leise nuschelt er, was man von ihm erwartet: „Bayern, Weltmarke, Premiumland.“ Und liefert bekannte CSU-Positionen: Ein Einwanderungsgesetz würde es mit ihm nicht geben. Stromtrassen wird er erst dann zustimmen, wenn klar ist, dass es ohne sie nicht geht. Den größten Applaus bekam er für sein Versprechen, dass die Pkw-Maut für Ausländer dieses Jahr verabschiedet werde. Sigmar Gabriel und Angela Merkel hätten ihm das gerade versichert. Nur ein paar Zuckerl hat Seehofer in seiner Rede wie das Stoßgebet für die Grünen: „Herr, lass es Hirn regnen.“ Ansonsten schonte auch er die Opposition. Kein Wort gegen die SPD, kein Wort zu dem bevorstehenden Streit mit SPD-Chef Sigmar Gabriel über die Stromtrassen. So regiert es sich wohl leichter in der Großen Koalition, unterhaltsamer macht es den Aschermittwoch nicht.