Die AfD marschiert nach rechts

RICHTUNGSSTREIT Auf Parteitagen stärken die Mitglieder den Rechtskonservativen den Rücken. Alexander Gauland wird in Brandenburg bestätigt, der hessische Vorstand abgewählt

PRITZWALK/ALLENDORF dpa/taz | Die Brandenburger AfD hat mit großer Mehrheit Alexander Gauland als Landeschef bestätigt. Der 74-Jährige erhielt am Samstag auf dem Landesparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) in Pritzwalk (Prignitz) 88,7 Prozent der Stimmen. Zuvor hatte Gauland den Parteitag auf seinen rechten Kurs einer „scharfkantigen“ Asyl- und Zuwanderungspolitik eingeschworen: „Wir sind für die Menschen da, die nicht, ohne gefragt zu werden, in ihrer Nachbarschaft ein Asylbewerberheim haben wollen.“

Die Landesparteitage gelten als Trendmesser für den Bundesparteitag im Juni. Dann werden konservative oder liberale Mehrheiten wichtig. Denn es geht um die Frage, wer sich im innerparteilichen Ringen um den Vorsitz durchsetzen kann und damit die inhaltliche Deutungshoheit behält.

Auch in Hessen ringt die AfD um ihre Linie: liberal oder stramm konservativ. Schon zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit kam die Partei im beschaulichen Allendorf zusammen. „Vielleicht ist nun der Zeitpunkt zum Aufbruch gekommen“, sagt Uwe Schulz, Sprecher des einladenden Kreisverbands Gießen zur Begrüßung.

Finanzthemen spielen kaum eine Rolle

Zumindest in puncto kommunale Referenten scheint die Richtung klar: Weg von den Finanzthemen, die Parteichef Bernd Lucke wichtig sind. Nur ein Experte zum Thema Finanzen ist bei der hessischen AfD gelistet. Stattdessen rücken andere Themen in den Fokus: „Islam und Parallelgesellschaft“ etwa oder auch die „Bildung“.

Und auch als es inhaltlich wird, gehen die Sympathien weniger in Richtung liberal, mehr in Richtung rechtskonservativ: Der alte Vorstand um Konrad Adam und Susanne Gruber musste zurücktreten – wohl weil diese den Rücktritt von AfD-Landeschef Peter Münch bewirkt hatten. Der hatte frühere Ämter bei den rechtsextremen Republikanern verschwiegen.

Münch ist in Allendorf sichtlich beliebt. Zahlreiche Redner geben im Rückendeckung. „Seine Vergangenheit sollte ad acta gelegt werden“, fordert Andreas Lichert, der der Neuen Rechten zugerechnet wird, und bekommt dafür viel Applaus.

Zweifel am rechten Kurs der AfD

„Das ist definitiv ein Rechtsruck, was wir heute erlebt haben“, sagt die abgewählte Sprecherin Susanne Gruber nach dem Parteitag der taz. Es sei nicht mehr ihre Partei, die sie an dem Tag erlebt habe. Von Pegida und Co. müsse sich die AfD klar distanzieren. „Wir brauchen eine Debatte über den rechten Rand“, sagt sie und wirkt dabei müde und enttäuscht.

Für die AfD wird sie nicht noch einmal antreten. Auch einige andere Mitglieder überlegen sich nach diesem Samstag, ob sie weiter in der Alternative für Deutschland bleiben. Sie sind mit dem immer stärkeren Raumgewinn des konservativen Flügels unzufrieden.

Während Gruber geht, läuft eine andere auf: Frauke Petry, eingeladene Gastrednerin und eine der potenziell größten Gegenspielerinnen des wirtschaftsliberalen Bundesvorsitzenden Lucke. Schon bei ihrer Ankündigung klatscht das Publikum frenetisch. Als sie mit ihrer Rede fertig ist, gibt es Standing Ovations. Ein neuer Landesvorstand wird indes nicht gewählt. Die AfDler hatten vergessen, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen.

ALINA LEIMBACH