Prügel oder Mordversuch?

KRIMINALITÄT Vor zwei Jahren wurde am Alexanderplatz ein 50-Jähriger aus rassistischen Motiven brutal zusammengeschlagen. Jetzt stehen die beiden Täter erneut vor Gericht

Nur durch das Eingreifen von Passanten konnte die Attacke beendet werden

VON MALENE GÜRGEN

Die Tat liegt bald zwei Jahre zurück, die Täter wurden im vergangenen Jahr bereits verurteilt. Trotzdem ist der rassistische Angriff zweier Männer auf einen schwarzen Portugiesen, der sich im Juli 2013 am Alexanderplatz ereignet hatte, erneut Gegenstand eines Gerichtsverfahrens. Denn das 2014 verhängte Urteil – knapp vierjährige Haftstrafen wegen gefährlicher Körperverletzung – hatte der Bundesgerichtshof im März kassiert. Es sei zu prüfen, ob es sich nicht doch um versuchten Mord oder versuchten Totschlag gehandelt habe, befanden die Richter. In dem am Donnerstag vor dem Landgericht eröffneten Verfahren geht es jetzt also um die Frage, ob die Männer den 50-Jährigen nicht nur verletzen, sondern tatsächlich auch töten wollten.

Am ersten Prozesstag berichtet das Opfer, dass es immer noch regelmäßige psychologische Betreuung brauche, um das Tatgeschehen verarbeiten zu können. Der Mann hatte am Nachmittag des 9. Juli 2013 friedlich auf einer Bank am Neptunbrunnen gesessen, als der 23-jährige Täter ihn rassistisch auf Polnisch beschimpft hatte. Der Angepöbelte verstand die Beschimpfungen – er hatte in Russland studiert – und antwortete auf Russisch, ohne beleidigend zu werden. Daraufhin schlug der 23-Jährige auf ihn ein, bis er zu Boden fiel. Dann bearbeitete er ihn gemeinsam mit dem anderen Täter mit Tritten gegen den Kopf und Oberkörper.

Nur durch das Eingreifen von Passanten konnte die Attacke beendet werden. Die beiden Täter wurden kurze Zeit später von der Polizei gestellt. Beide kommen aus Polen und waren zur Tatzeit obdachlos. Bei einer anderen, weiter zurückliegenden Tat hatten sie am Ostbahnhof einen anderen Obdachlosen gequält und gedemütigt, ihn mit Wein übergossen und ihm ein Hakenkreuz ins Gesicht gemalt.

„Rassismus und nichts anderes war der Grund“, hieß es in der letzten Urteilsbegründung. Eine Tötungsabsicht wurde damals allerdings nicht angenommen, auch wenn dem Opfer potenziell lebensgefährliche Verletzungen zugefügt wurden, darunter eine Hirnblutung, ein Nasenbein- und Augenhöhlenbruch. Die beiden Täter waren bei der Tat stark betrunken und bekifft, was bei der Strafhöhe berücksichtigt wurde. Den ersten Prozesstag im neu aufgerollten Fall verfolgten die beiden still – anders als im vergangenen Prozess, bei dem sie das Opfer immer wieder verhöhnt hatten.