Brandenburg prinzipiell zu Nachbarschaftshilfe bereit

FLÜCHTLINGE Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erkennt bei Regierungstreffen beider Länder die schwierige Lage Berlins bei der Unterbringung an

■ Die beiden Ministerpräsidenten Michael Müller und Dietmar Woidke (beide SPD) haben am Dienstag beim ersten gemeinsamen Treffen beider Landesregierungen seit drei Jahren Differenzen beim Flughafenprojekt BER bestritten. „Jede Spekulation, dass wir nicht an einem Strick ziehen, läuft ins Leere“, sagte Müller vor Journalisten im Roten Rathaus. Bei der von Brandenburg geforderten Ausweitung des Nachtflugverbots am BER verwies Müller erneut auf die geltende Regelung von 0 bis 5 Uhr. Er sagte aber zu, man wolle „alles tun, um die Belastung von Bürgern so niedrig wie möglich zu halten“. Woidke setzte darauf, dass die Fluggesellschaften freiwillig darauf verzichten, in den Randzeiten von 22 bis 0 Uhr und 5 bis 6 Uhr zu fliegen, wenn die wirtschaftliche Lage es hergebe. Ein Ausbau des Flughafens soll erst nach der für 2017 geplanten Eröffnung ein Thema sein. (sta)

Brandenburg ist prinzipiell bereit, Flüchtlinge aufzunehmen, die Berlin als Nachbarland nur schwer und gar nicht unterbringen kann. „Die grundsätzliche Bereitschaft gibt es“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller nach einer gemeinsamen Sitzung beider Landesregierungen im Roten Rathaus. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD) drückte es leicht zurückhaltender aus: „Wir lehnen das nicht ab und werden hier im Gespräch bleiben.“ Weil das Bundesrecht solche Zusammenarbeit derzeit nicht ermöglicht, forderten beide eine Änderung.

Berlin erwartet nach jüngsten Prognosen von Sozialsenator Maria Czaja (CDU) von vergangener Woche in diesem Jahr 26.000 Flüchtlinge, Brandenburg müsste nach dem bundesweiten Verteilsystem rund 20.000 aufnehmen. Obwohl nach Angaben der Senatsverwaltung für Soziales derzeit keine Flüchtlinge mehr in Turnhallen untergebracht sind, gilt vor allem die Suche nach Wohnungen als äußerst schwierig. „Das ist besonders ein Problem bei Stadtstaaten, und das erkennen wir an“, sagte Woidke und bezog seine Aussage damit auf Berlin genauso wie auf Hamburg und Bremen. Wie viele Flüchtlinge Brandenburg zusätzlich zu den ohnehin auf das Bundesland entfallenden aufnehmen könnte, ließ er offen.

Berlin zugewiesene Flüchtlinge nach Brandenburg auszulagern, ist nach Darstellung der beiden Länderchefs derzeit wegen bundesrechtlicher Vorgaben ausgeschlossen. Beide drängten auf eine Änderung durch Bundesregierung und Bundestag.

Woidke knüpfte eine zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen allerdings an Bedingungen. „Es geht nicht nur darum, dass hier eine Wohnungsbaugesellschaft sagt: Wir haben hier Wohnungen zu vermieten“, sagte er. Für eine Belegung mit Flüchtlingen muss aus seiner Sicht auch ein ausreichendes Umfeld wie Kitas und Schulen vorhanden sein, um Integration zu erleichtern. Schon vor Monaten gab es offenbar ein Angebot aus Frankfurt (Oder), von Berlin über 1.000 Flüchtlinge in leer stehenden Wohnungen aufzunehmen.

Neben einer Gesetzesänderung forderten die beiden Ministerpräsidenten von der Bundesregierung mehr Geld für Unterbringung und Integration der Flüchtlinge. Nach Zahlen von Müller übernimmt der Bund derzeit nur rund 10 Prozent der Kosten, die Berlin durch die Flüchtlinge entstehen. Sein brandenburgischer Amtskollege sprach sogar nur von 5 bis 10 Prozent – und darin seien zusätzliche Lehrer und Erzieher noch gar nicht enthalten.

„Dass zigtausend Menschen in unserem Land Hilfe suchen, kann kein Problem einer Kommune sein, es ist eine nationale Aufgabe“, sagte Müller. Der Regierende Bürgermeister sah in dieser Frage genau wie in der einer flexibleren Verteilung von Flüchtlingen, gerade bei Stadtstaaten, parteiübergreifende Übereinstimmung bei allen 16 Bundesländern. Seine Forderung an den Bund: 100 Prozent Kostenübernahme. STEFAN ALBERTI