Bildungsmilliarden für Hartz-IV-Kinder

LERNEN Der Traum von der gemeinsamen Bildungsrepublik ist zunächst geplatzt. Nun will der Bund bedürftige Schüler fördern

Von der Leyen denkt an Gutscheine für Sport und Freizeit

BERLIN taz | Nachdem sich Bund und Länder am Donnerstag nicht auf gemeinsame Bildungsziele einigen konnten, will die Bundesregierung nun im Alleingang bedürftige Schüler mit Bildungsgutscheinen fördern. Und zwar über die Sozialpolitik, denn dort hat der Bund anders als in der Schulpolitik das Sagen. Eine Sprecherin von Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) bestätigte, dass ein nicht unerheblicher Teil der für Bildung und Forschung geblockten zusätzlichen 12 Milliarden Euro in die Reform der Kinderregelsätze gesteckt werden solle.

Von der Leyen selbst sagte in der Passauer Neuen Presse vom Freitag: „Die neuen Gelder für Bildung werden nicht über den Regelsatz ausgegeben, sondern in Leistungen vor Ort investiert.“ Die Ministerin denke etwa an Gutscheine für Sport und Freizeit, also Aktivitäten, die „bildenden Charakter“ hätten, erläuterte ihre Sprecherin.

Das würde bedeuten, den Sozialhaushalt, aus dem die Bundesregierung zu Wochenbeginn 4,3 Milliarden Euro kürzte, nun mit den zusätzlichen Milliarden aus dem Bildungshaushalt zu sanieren. Damit würde die Bundesregierung zwei Hausaufgaben zugleich erledigen: Zum einem hatte das Bundesverfassungsgericht im Februar verfügt, dass die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder bis zum Jahresende neu berechnet werden müssen. Zum anderen will der Bund die jährlichen Gesamtausgaben für Bildung und Forschung ab 2015 auf 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen.

Der Bildungsgipfel endete ergebnislos. Die Länder, die eigentlich zuständig sind, wollen sich nicht mit Bundesprogrammen abspeisen lassen. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagte nach dem Treffen mit der Bundeskanzlerin, die Länder bräuchten dauerhaft einen Anteil aus der Umsatzsteuer für Kernaufgaben, also für Schulen und Hochschulen. „Sonst sind wir nicht in der Lage das 10-Prozent-Ziel zu erreichen.“

Bundeskanzlerin Merkel und ihre Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wollen den Ländern aber keine weiteren Steuermilliarden überlassen. Dennoch halte der Bund am 10-Prozent-Ziel fest. Ein Sprecher Schavans erläuterte: Die Hälfte der zusätzlichen 12 Milliarden Euro fließe in die Förderung von Kindern und Jugendlichen in Risikolagen. Dazu zähle auch die Deckung des spezifischen Bildungsbedarfs von SchülerInnen in Bedarfsgemeinschaften. Gemeint sind Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld II beziehen.

Die restlichen 6 Milliarden Euro will Schavan in Studium und Hochschulen stecken. So möchte sie zum Herbst die Bafög-Sätze um zwei Prozent anheben. Doch die Länder wollen am 9. Juli im Bundesrat nur zustimmen, wenn sie die geforderten Umsatzsteuereinnahmen erhalten. Im Bundesbildungsministerium sucht man noch nach einer Lösung.ANNA LEHMANN