Gabriel im Clinch mit Hannover

Der Bundesumweltminister erneuert seine Kritik an der Verklappung von Laugen aus dem Pannen-Endlager Asse in drei niedersächsischen Bergwerken. TÜV: Kein hochradioaktiver Müll in der Asse

VON KAI SCHÖNEBERG

Hannover und Berlin streiten sich über das Pannen-Endlager Asse. „Der Birkner saut hier offensichtlich im Umweltausschuss rum“, regte sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel über den Staatssekretär im niedersächsischen Umweltressort auf. Eigentlich war der Braunschweiger Sozialdemokrat zu einer Krisensitzung des SPD -Landespräsidiums ins Landtagsgebäude nach Hannover gekommen. Hier ging es um das andere Sommerthema 2008: die abtrünnige SPD-Abgeordnete Swantje Hartmann. Dazu nur Schweigen. Ein Stockwerk tiefer tagte der Umweltausschuss.

Dort wurde es laut: Gabriel rüpelte zu FDP-Mann Stefan Birkner hinunter: „Soll ich euch sagen, wie’s geht?“ Birkner schwieg. Im Ausschuss hatte er Gabriel soeben attackiert: Seine „Task Force“, die Ungereimtheiten rund um die Asse aufklären soll, „ist uns hier noch nicht begegnet“.

Außerdem sei Gabriel bekannt, dass seit drei Jahren Salzlauge aus der Asse in drei niedersächsische Bergwerke verklappt werde, dass diese jedoch völlig ungefährlich sei: Uran und Tritium erreichten die Grenzwerte nicht. Das sei kein „nuklear verseuchtes Wasser“, sagte Birkner. Gabriel habe „wider besseren Wissens Ängste bei den Menschen in Niedersachsen geschürt“, hieß es von CDU und FDP.

Prompt präsentierte Gabriel ein Schreiben seines Staatssekretärs: „Radioaktiv kontaminierte Lösungen“ seien „ohne die fachlich und rechtlich erforderlichen Prüfungen durch die niedersächsischen Behörden“ in die Grube Maria Glück bei Celle gegangen, heißt es dort. Zudem wies Berlin „mit aller Deutlichkeit“ die „grundlosen und pauschalen Vorwürfe“ Birkners gegen die Task Force zurück. Birkner erklärte im Ausschuss, dass nun alle Laugen nach strengeren Kriterien erneut überprüft werden: „Wir tun mal so, als ob das ein Kernkraftwerk wäre.“

Gleichzeitig widerlegte ein Gutachter des TÜV Befürchtungen, in der Asse lagere „hoch radioaktiver“ Müll. Atommüll in Deutschland werde nur nach dem Kriterium „wärementwickelnd“ bewertet, sagte Heinz Kröger. Aber auch nach Kriterien der internationalen Atomenergiebehörde IAEO gebe es in der Asse „nur“ schwach und mittelstark strahlenden Müll.

Eine Prüfung der Strahlungsaktivitäten nach Aktenlage reiche nicht aus, sagte dagegen Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. Und forderte, insgesamt 60 der 126.000 Fässer in der Asse zu beproben. Der TÜV habe eingeräumt, dass bei einem Prozent der Fässer die Inhaltsangaben fehlerhaft sein könnten, sagte Kurt Herzog von der Linken: „Das sind immerhin 1.250 Fässer.“