Hühnerbaron verliert Imperium

Anton Pohlmann, in Deutschland 1996 wegen Tierquälerei verurteilt, muss nun auch in den USA seine Farmen schließen – weil ein Skandal dem nächsten folgte: von Tierquälerei über Flussverseuchung bis hin zu lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen

von TORSTEN ENGELBRECHT

„Anton Pohlmanns Buckeye Egg Company muss seine Eierfarmen dichtmachen“, sagte Fred Dailey, Leiter des Agrarministeriums im US-Bundesstaat Ohio am Dienstagabend. „Die Verschmutzung und die Belästigungen, die von den Legebatterien ausgehen, sind schlichtweg nicht mehr zu tolerieren.“ Damit hat der in Deutschland unter den Namen „Hühnerbaron“ bekannte Pohlmann eine entscheidende Schlacht gegen die US-Behörden verloren. Denn in seinen vier Farmen in Ohio sind nicht weniger als 15 Millionen Hühner zusammengepfercht, die vier Prozent aller US-Eier produzieren.

In Deutschland erlangte der Eierbaron spätestens 1996 unrühmliche Berühmtheit, als er seine Hennen zur Schädlingsbekämpfung mit nicht zugelassenem Nikotingas besprühte. Millionen Tiere verendeten, Eier wurden verseucht. Pohlmann wurde wegen Verstößen gegen das Tierschutz-, Arznei- und Lebensmittelgesetz und unterlassener Hilfeleistung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt und mit einem lebenslangen Tierhalteverbot belegt. Woraufhin er seine Hühnerställe in Ohio um 50 Prozent vergrößerte, wo er bereits seit 1980 aktiv ist und wo er noch skrupelloser vorging als in Deutschland. So sterben seit Anfang der 80er-Jahre immer wieder hundertausende von Fischen, weil Hühnergülle in die Flüsse sickert. Anwohner klagen über illegale Entsorgung von Hühnerkadavern, Gefährdung des Grundwassers durch Impfstoffe, Käfer- und Fliegenplagen. 1996 macht das Gesundheitsministerium mobil. Buckeye Egg hatte seine Mitarbeiter gezwungen, unter lebensgefährlichen Bedingungen zu arbeiten. So lag die Ammoniakkonzentration in den Batterien um ein Siebenfaches über dem erlaubten Wert. 1997 verkaufte Pohlmann die Eier, die nicht abgesetzt werden konnten, ein zweites Mal. Und „2000 ging es besonders grausam zu“, so Marion Steinbach vom Deutschen Tierschutzbund. „Ein Tornado zerstörte eine Farm, wodurch eine Million Hühner in ihren Käfigen eingeklemmt wurden. Neun Tage lang wurden sie nicht versorgt und erstickten, verhungerten oder wurden von Bulldozern überrollt.“ Betty Montgomery, damalige Generalstaatsanwältin von Ohio: „Noch nie ist mir ein derartig widerspenstiges Unternehmen untergekommen.“

Dass Pohlmann so lange so agieren durfte, liegt zum einen daran, dass Hühner in den USA als Sachen gelten und es kein Bundesgesetz gibt, das die Aufzucht, den Transport und das Schlachten regelt – obwohl 99 Prozent der für Essenszwecke getöteten Tiere Federvieh sind. Zum anderen war die Art des Wirtschaftens für Pohlmann so lukrativ – mehr als eine Millionen Dollar pro Monat soll er aus Buckeye Egg herausgezogen haben –, dass ihm die Strafen nicht viel ausmachten. Doch Mitte 2002 begann das Landwirtschaftsministerium von Ohio, Tierfarmen mit strengeren Umweltauflagen zu belegen.

Nach Aussage von Matt Doyle, dem Finanzchef des Eiergiganten, wolle man nun bei der Berufungskommission Erac Einsprach einlegen. Doyle: „Wir sind sehr optimistisch.“ Mark Gribben, der den Fall als Staatsanwalt in Ohio betreut, sieht für Buckeye Egg wenig Chancen: „Die Erac ist den Entscheidungen des Agrarministeriums fast immer gefolgt.“

Gleichzeitig will Pohlmann versuchen, das Farmgelände zu verkaufen und womöglich in andere Bundesstaaten ausweichen. Doch, so Staatsanwalt Gribben, „werden die dortigen Behörden Sicherheiten verlangen, um nicht das zu erleben, was in Ohio geschah“. Was die Aussichten auf lukrative Gewinnspannen für Pohlmann merklich verschlechtert. „Damit könnte Pohlmann seine osteuropäischen Aktivitäten forcieren“, vermutet Marion Steinbach. Immerhin ist es ihm gelungen, im tschechischen Vseruby, nahe der Grenze zu Bayern, eine Aufzuchtstation für 200.000 Küken und eine Mastanlage hoch zu ziehen. Zudem bemüht er sich in Ungarn um die Genehmigung einer Hühnerfarm für viele Millionen Tiere.