Tag der offenen Tür für Terroristen

Einige ausländische Botschaften in Berlin sind bewacht wie Festungen – für die afghanische Botschaft hat die Polizei dagegen nicht mal einen Türsteher übrig. „Angemessen“ finden das die Behörden. Sicherheitsexperten sind jedoch anderer Meinung

AUS BERLIN DANIEL ZWICK

Beim Schutz ausländischer Botschaften in Berlin gibt es empfindliche Sicherheitslücken. Davor warnt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg. „Die Sicherheitsanalysen des Landeskriminalamts orientieren sich vor allem an Personalkürzungen“, sagte Schönberg der taz.

Auch der Bundesvorsitzende der GdP, Konrad Freiberg, hält die Terrorabwehr für ungenügend. In der vergangenen Woche wurden drei Männer festgenommen, die ein Attentat auf den irakischen Ministerpräsidenten Ajad Allawi geplant haben sollen. Sendungen wie gestern Abend Maybrit Illners „Berlin Mitte“ fragen besorgt: „Deutschland und der Terror – sind wir auf den Ernstfall vorbereitet?“

Offensichtlich nicht. Nur wenige Schritte vom ZDF-Hauptstadtstudio entfernt, mitten im Regierungsviertel, liegt die Botschaft von Afghanistan. Die Vertretung belegt eine halbe Etage im dritten Stock eines Bundestags-Verwaltungsgebäudes. Sichtbarer Schutz: keiner. In Afghanistan tobt noch immer der Krieg gegen den Terror, die KSK-Spezialtruppen der Bundeswehr kämpften hier gegen die Taliban, die Soldaten der Isaf-Schutztruppe werden regelmäßig attackiert. In Berlin bewacht nicht mal ein Streifenpolizist den Eingang zum Gebäude. Die Türen stehen offen, die Pförtnerloge ist verwaist. Dass es auch anders geht, zeigt der Blick 100 Meter weiter: Hier ist die Wilhelmstraße zum Schutz der britischen Botschaft komplett gesperrt. Die Briten, in Afghanistan aktiv, werden in Berlin durch schwere Betonquader und ein Dutzend Polizisten geschützt.

An der geringeren Bewachung der Afghanen könne man erkennen, dass die Polizei die Gefahr geringer einschätze als für andere Botschaften, sagt Thomas Kleemann, Personalrat der Objektschützer bei der Berliner Polizei. „Es ist kaum zu glauben, dass die Gefährdung der Botschaft nur so gering sein soll.“

Der Fall ist ein trauriges Beispiel für den Zusammenhang von Sicherheit und Reichtum: Während die Botschafter von USA und Großbritannien wie in Festungen bewacht werden, stehen bei anderen Botschaften buchstäblich Tür und Tor offen. „Viele Botschaften leisten sich einen privaten Wachdienst“, sagt Sven Wackerhagen, Geschäftsführer der Sicherheit Nord GmbH. Doch für private Wachleute reicht das Budget der Afghanen offensichtlich nicht aus.

Im Polizeipräsidium versucht man, die Bedrohung herunterzuspielen. „Die Sicherung der afghanischen Botschaft ist angemessen und entspricht der Gefährdungsanalyse des Landeskriminalamts“, sagt ein Sprecher der Berliner Polizei.

Polizeipersonalrat Kleemann hingegen kritisiert, dass es für den Objektschutz immer weniger Personal gibt. „Außerdem ist die Abteilung überaltert, weil vor allem die jungen Kollegen gehen mussten“, sagt er. Jetzt fehlen mehr als 100 Objektschützer. Weil die Polizei nach der Wiener Konvention von 1961 verpflichtet ist, diplomatische Vertretungen zu schützen, müssen die Lücken durch teurere Polizeibeamte gefüllt werden. Der innenpolitische Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, Frank Henkel, hält die Situation für skandalös: „Wir müssen aufpassen, dass dieser Senat nicht zum Sicherheitsrisiko für Botschafter wird.“