Gesunder Pferdeverstand

Mit den Co-Trainern Windhuk und Snowflake sollen Selbstbewusstsein, Führungsfähigkeit und soziale Kompetenz ausgebaut werden: „Pferde sind Meister der nonverbalen Kommunikation“

von Anne Grüneberg

Ein Pferd als Coach? Immerhin als Co-Trainer wird der sensible Vierbeiner seit rund drei Monaten in Bad Oldesloe beschäftigt. „Pferde spiegeln Selbstbewusstsein, Führungsqualität und soziale Kompetenz jedes Menschen schonungslos ehrlich“, sagt Kerstin Kruse, die die Akademie für pferdegestützte Persönlichkeitsentwicklung gründete. Die passionierte Reiterin spricht aus Erfahrung: Immer wenn sie ungeduldig wurde, reagierten ihre Pferde mit Widerstand. „So habe ich meine Fehler aufgetan und daran gearbeitet“, erzählt Kruse. „Ich war sozusagen mein erster Teilnehmer.“

Ein Pferd, das die Ohren anlegt, fühlt sich bedroht

Kapriolen und andere Kunststücke finden in der Oldesloer Reithalle nicht statt. Windhuk, der Holsteiner-Araber-Wallach, und Snowflake, eine American-Bashkir-Curly-Stute, werden lediglich an der Leine geführt. „Wenn ein Pferd die Ohren anlegt, fühlt es sich bedroht. Wenn es dem Teilnehmer nicht folgt, sondern stur stehenbleibt und ihn anschaut, hat er wenig Führungsqualität“, erklärt Kruse, die für die Teilnehmer die Pferdesprache übersetzt. „Pferde sind Meister der nonverbalen Kommunikation. Mitarbeiter sagen Ihnen nicht, wenn Sie etwas falsch machen. Das Pferd schon.“

Horsesense-Training heißt folgerichtig das Seminar-Angebot, weil die pferdeversessenen Angelsachsen „horse sense“ mit „gesundem Menschenverstand“ gleichsetzen. Spezielle Kenntnisse sind nicht vonnöten – Jeans und robustes Schuhwerk dagegen schon –, und selbst Tierhaarallergiker müssen auf den vierbeinigen Coach nicht verzichten: Die langen dunklen Locken von Snowflake lösen laut Kruse keine Allergien aus.

Etwa anderthalb Tage dauert ein Seminar. Die Teilnehmer reisen am Donnerstagabend an und finden sich in Gruppen von vier, maximal sechs Personen zusammen. Erstes Ziel ist das Kennenlernen. „Es sind Wahrheiten, mit denen die Teilnehmer im Seminar konfrontiert werden, und Wahrheiten tun weh“, sagt Kruse. Gerade weil das Coaching so persönlich ist, sei es wichtig, dass Vertrauen entsteht.

Am nächsten Morgen dann die Konfrontation mit dem Tier. „Unsere Pferde sind sehr gute Wahrnehmer“, beschreibt Köster. „Wir haben mit zehn Teilnehmern die gleiche Übung gemacht und jedes Mal reagierten sie anders.“ Die Einzelübungen werden auf Video aufgezeichnet und am Nachmittag gemeinsam mit den psychologischen Beraterinnen Anabel Schröder und Christiane Tobschall analysiert. „Oft sehen sich die Teilnehmer selbst nicht so, wie sie auf andere wirken. Die Übereinstimmung von Fremd- und Selbsteinschätzung ist aber sehr wichtig“, erklärt Kruse.

Nach der Videoanalyse „hatte man dann Erfolg“

„Als ich mich auf Video sah, war ich sehr erschrocken, wie verkrampft ich mit dem Pferd umgegangen bin“, bestätigt Anika Maletz, Assistentin der Geschäftsführung einer Direktmarketingfirma. Nach der Videoanalyse bekommen die Teilnehmer eine zweite Chance, und da, erzählt Maletz erleichtert, „hatte man dann Erfolg“.

Im Preis von 1.856 Euro sind neben Verpflegung und einer Übernachtung im Kloster Nütschau drei weitere mündliche Einzel-Coachings innerhalb der folgenden drei Monate enthalten, denn die Teilnehmer sollen auch bei der praktischen Umsetzung ihrer gewonnen Erkenntnisse begleitet werden.

Anika Maletz jedenfalls hat das tierische Angebot überzeugt. „Ich war ein Einzelkämpfer“, resümiert sie. „Um erfolgreich sein zu können, muss man sich aber auf andere verlassen können. Das habe ich während des Seminars gelernt.“

Akademie für pferdegestützte Persönlichkeitsentwicklung, Seefeld 32, 23843 Bad Oldesloe, ☎ 04 531/89 47 81, www.horsesense-training.de