Schweigen und genießen

Der 1. FC Nürnberg, Fünfter der aktuellen Ligatabelle, spielt heute gegen Frankfurt um den Einzug ins DFB-Pokalfinale und könnte einer erfolgreichen Saison einen weiteren Höhepunkt hinzufügen

VON OLIVER TRUST

Manchmal schaut es aus, als sei da ein ganzer Klub auf einer Lustreise. Jedes Mal, wenn Hans Meyer vor einer Kamera steht, grinst er breit und streckt spitzbübisch sein Kinn nach vorne. Er gibt ulkige Kommentare ab und irgendwann gibt er der tiefen inneren Freude Ausdruck, diese Saison nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Er sagt das und spielt den Unwissenden. Er meint dann, er könne dazu leider nichts sagen, weil er ja nichts damit zu tun habe. In Nürnberg geht es um den Uefa-Cup und die Franken haben gute Chancen, den auch zu erreichen. Zum einen in der Bundesliga und dann bleibt da noch der DFB-Pokal. Der Sieger darf ja auch im Uefa-Cup spielen. Und auch da sind die Nürnberger „dick“ dabei und spielen heute (20.15 Uhr/ARD) gegen Eintracht Frankfurt. Mancher in Franken muss sich an so viel Erfolg und Euphorie noch gewöhnen. Da passt es gut, dass sie den Meyer Hans haben. Der scheint für alle sichtbar über den Dingen zu stehen. Seine sarkastische und distanzierte Art kommt an und nimmt den Druck vom Rest der fränkischen Fußballfamilie.

Manchmal stockt dem Rest der Franken der Atem, wenn Meyer zulangt. So wie im Viertelfinale gegen Hannover 96, als Meyer seinen Stammtorwart Raphael Schäfer auswechselte und Daniel Klewer brachte – wohl gemerkt vor dem entscheidenden Elfmeterschießen. Meyer und sein Ersatzkandidat wurden zu den großen Siegern. Meyer pustete erleichtert Luft aus dem Mund und gestand, „wenn es schief gegangen wäre, hätten sie mich geteert und gefedert aus der Stadt getragen“. Klewer hielt zwei Elfmeter und die überglücklichen Nürnberger erreichten das Halbfinale wie am Roulettetisch. Vorbei die Zeit, da sie beim FCN immer die Angst vor der nächsten Blamage auf den Schultern trugen. Seit Meyer gibt es ein neues Selbstvertrauen am Valznerweiher. Klubchef Roth, früher als eiskalter Trainerkiller bekannt, hält sich zurück, sagt kaum noch ein Wort. Man sieht ihn mit glühend roten Wangen am Rande stehen und genießen. Er wippt dann vom Ballen zur Ferse und zurück und sagt, wie stolz er ist darüber, was sich alles in Nürnberg getan hat. Er lässt Meyer und seinen Manager Martin Bader machen.

Vor allem, was ihm Bader sagt, gefällt dem Präsidenten, der ein riesiges Teppichimperium befehligt und oft genug mit seinen Millionen den „Club“ am Leben erhielt. „Wir wollen den Klub auf Dauer in der Bundesliga etablieren, im oberen Drittel“, sagt Bader. Weit entfernt scheint er im Augenblick davon nicht mehr.

Der „Club“ ist wieder wer in der Fußballbranche. Das liegt vor allem an den beiden, Meyer und Bader. Bader holte den kauzigen Meyer, als keiner zum 1. FCN wollte. Peter Neururer hatte per SMS abgesagt, und mancher hielt es nicht mehr für ausgeschlossen, dass auch Bader bald gehen muss, wenn er keinen neuen Trainer findet. Der Einzug ins Finale würde eine überragende Saison krönen. „Das kann sich keiner vorstellen, was hier los ist, wenn wir am Dienstag gewinnen, wovon ich ausgehe“, sagte Bader. „Hier freut sich jeder auf das Spiel“.

Die Mannschaft weilte übrigens im Trainingslager vorher. Dort hörten die Cluberer dann auch die Geschichten vom letzten Duell im Halbfinale gegen Eintracht Frankfurt. Das fand am 24. August 1962 statt. Die Nürnberger gewannen mit 4:2 und wurden fünf Tage später mit einem 2:1 über Fortuna Düsseldorf zum dritten und letzten Mal DFB-Pokalsieger. Warum es also diesmal nicht wieder schaffen? Es würde zur bisher guten Saison und nicht zuletzt auch zu Hans Meyer passen. „Das ist das Spiel der Spiele, die Stimmung ist zuversichtlich. Aber eines steht fest, selbst wenn wir unglücklich ausscheiden, kann uns keiner die gute Saison kaputt machen. Frankfurt liegt uns nicht wirklich, wenn man die letzten Ergebnisse anschaut, aber am Samstag fahren wir als Fünfter nach Leverkusen“, so Bader.