Offensive der NPD in Sachsen-Anhalt

Bei den Kommunalwahlen am Sonntag wollen die Rechtsextremen ihre Schlagkraft im schwachen ostdeutschen Bundesland testen. Wahlwerbung und Schulhof-CDs wurden bereits massenhaft verteilt. Ohne die Kameradschaften geht dabei nichts

AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH

„Wir treiben die anderen Parteien vor uns her. Sie reagieren nur noch, während wir agieren!“ Sprüche wie die von Matthias Heyder, Landesgeschäftsführer der NPD in Sachsen-Anhalt, hat man auch vor den letzten Landtagswahlen in Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern gehört. In Sachsen-Anhalt geht es am kommenden Sonntag zwar nur um die Kommunalwahlen in den neun neuen Landkreisen, die engagierte Öffentlichkeit ist aber wegen der NPD-Offensive nicht weniger alarmiert. Denn die NPD tritt nicht wie die Republikaner oder die DVU nur zu Wahlzeiten mit einem immensen Werbeaufwand in Erscheinung. Seit etwa zwei Jahren baut sie gezielt Basisstrukturen aus.

Zur Landtagswahl 2006 hatte die NPD noch zugunsten der DVU auf eine Kandidatur verzichtet. Sie folgte damit einer Absprache im sogenannten Deutschlandpakt, der für die Kommunalwahl nicht gilt. Diese Wahl wird nun als Test für die Mobilisierungsfähigkeit der Partei wie auch für den Aufbau ihrer Infrastruktur im Land angesehen. Welche Bedeutung die Bundespartei dem beimisst, zeigt die Präsenz von Gastrednern wie dem Bundesvorsitzenden Udo Voigt. Jeder Kreisverband hat einen Partner in Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern, der den Wahlkampf unterstützt.

Strategisches Ziel, so bestätigt Landesgeschäftsführer Heyder, ist der Einzug in den Magdeburger Landtag im Jahr 2011. Dafür ist dieser Wahlkampf nur ein erster Baustein, bei dem laut Heyder „jeder Haushalt von uns etwas im Briefkasten haben soll“, bei dem 10.000 Schulhof-CDs verteilt wurden und Lautsprecherwagen durch die Städte fahren. Die Sachsen-Anhalter NPD mit ihren etwa 300 Mitgliedern stützt sich maßgeblich auf die Freien Kameradschaften. Wo sie stark sind wie in den Südregionen von Harz und Burgenlandkreis, da ist auch die NPD stark.

Rundschreiben an alle Mitglieder, die ein gediegenes Auftreten verlangen, signalisieren Versuche, den gewaltbereiten Glatzen und Springerstiefelträgern ein gutbürgerliches Erscheinungsbild zu verpassen. Heyder: „Unsere schärfste Waffe darf nicht mehr der Baseballschläger, sondern muss der Anwalt sein!“ Wie andernorts auch setzt die NPD mit Kinderfesten, Schulnachhilfen und Freizeitangeboten auf eine Generation, die angeblich mehrheitlich nationalistischen Auffassungen zuneige.

Pascal Begrich und Thomas Weber von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus im Verein „Miteinander“ meinen dagegen, der Strukturaufbau stehe erst am Anfang. Das Verhältnis zwischen NPD und Kameradschaften bleibe gespannt. Weil es keine Fünfprozenthürde gibt, könnte die NPD in den südlichen Kreistagen allerdings mit zwei oder drei Abgeordneten Fraktionsstärke erreichen.

Zeichen des Widerstands bleiben manchmal im Ansatz stecken. So wurde in Halberstadt extra der Markttag verlegt, um eine NPD-Kundgebung ins Leere laufen zu lassen. Die Geschäfte ringsum blieben aber geöffnet. Und die Art, wie dem NPD-Spitzenmann Michael Schäfer bei einem Diskussionsforum der Mitteldeutschen Zeitung ein Podium geboten wurde, sei„unsäglich und fahrlässig“, findet Tilo Giesbers vom Kulturzentrum Reichenstraße in Quedlinburg.