Demo will Myfest kreuzen

Die „Revolutionäre 1. Mai“-Demo soll mitten durch das riesige Kreuzberger Kiezfest führen. Begründung: Die Party könne keine No-go-Area für politische Proteste sein. Die Myfest-Organisatoren lehnen dies ab. Am Sonntag will man erneut verhandeln

Fest statt Krawall am 1. Mai – dafür werben die Initiatoren des Myfests, die auch für dieses Jahr wieder ein umfangreiches Programm zusammengestellt haben. Über 100 Bands und DJs werden auf 16 Bühnen am 1. Mai ab 14 Uhr bis Mitternacht den Kiez zwischen Oranien-, Mariannenplatz und Görlitzer Bahnhof beschallen. Neben Livebands – von Weltmusik, Punk, Rock, Hiphop bis hin zu türkischer Folklore – wird es einen Mitmachzirkus, Filmvorführungen, Fußball, Basketball, Klettern, Straßenmalaktionen, einen Gebetsgottesdienst, eine Ausstellung zu Migration nach Friedrichshain-Kreuzberg und eine Feuershow geben. In der Naunynstraße 39 zeigen Breakdancer ihr Können. Für Kinder zwischen 7 und 12 Jahren gibt es schon ab 13 Uhr auf dem Mariannenplatz den Familienparcours „Räuber und Gendarm“. Da der Andrang immer groß ist, sichert frühes Kommen die Teilnahme. Auf dem Mariannenplatz findet ab 14 Uhr auch das von Linkspartei und Grünen organisierte Familienfest mit Kinderstation und Streitgespräch zum Klimawandel statt. CH

VON CHRISTINA HEBEL

Im Vorfeld des 5. Myfestes in Kreuzberg gibt es erneut Streit mit Anmeldern einer Demo. Konkret geht es um den Heinrichplatz und ein Stück der Oranienstraße. Diese wollen die Teilnehmer der „Revolutionären 1. Mai“-Demo ab 18 Uhr kreuzen, um zu ihrer Abschlusskundgebung am Spreewaldplatz zu gelangen. Nur ist es abends auf der riesigen Kiezfete bekanntlich sehr voll – es wird mit rund 20.000 Besuchern gerechnet.

Die Demo-Organisatoren gehen davon aus, dass sich 5.000 Menschen an ihrem Aufzug beteiligen. „Ich bin überzeugt, dass Ordner den Zug durch das Fest leiten können. Wir sehen die Besucher des Myfestes nicht als Gegner“, sagte Michael Kronawitter, Anmelder der Demo, gestern bei der Pressekonferenz des Myfestes. Ihm und seinen Mitstreitern gehe es um eine Repolitisierung des 1. Mai. Birgit Westermann von der Anti-Nato-Gruppe, die sich an dem Aufzug beteiligt, sagte: „Es kann nicht sein, dass das Fest eine No-go-Area für angemeldete politische Demonstrationen ist.“

Wie die Organisatoren diese Provokation einschätzen, ist unklar. Die Doppelspitze des Vorbereitungskomitees des Myfestes weigerte sich gestern, mit der taz zu sprechen: Sowohl Silke Fischer, SPD-Kreisverbandsvorsitzende und Erfinderin des Myfestes, als auch Monika Wagner-Krämer vom Kiezverein Kotti lehnten eine Stellungsnahme ab.

Dabei ist der diesjährige 1. Mai besonders brisant. 1987 fand in Kreuzberg die erste und heftigste aller 1.-Mai-Straßenschlachten statt. Einige Beobachter befürchten aus Anlass des 20. Jahrestags besonders heftige Krawalle. Ziel des Myfestes wiederum ist es, Krawallmachern mit kulturellen Veranstaltungen den Raum zu nehmen. In den vergangenen Jahren war dieses Konzept erfolgreich, das Ausmaß der Krawalle nahm deutlich ab. „Wir setzen uns auch 2007 für einen Paradigmenwechsel weg vom resignativen Hinnehmen von Gewalt hin zu einem friedlichen politischen Fest am 1. Mai ein“, sagte Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne).

150.000 Euro hat der Senat in diesem Jahr bereitgestellt, 20.000 Euro mehr als 2006. Damit werden zusätzliche Bühnen finanziert. Schulz betonte, dass das Bürgerfest ein „Einzelbaustein“ am Tag der Arbeit sei, an dem „natürlich“ auch politisch diskutiert und demonstriert werde. Gerade aus der 18-Uhr-Demo waren aber in den vergangenen Jahren immer wieder Krawalle entstanden.

Neben der 18-Uhr-Demo sind laut Polizei zwei weitere Demonstrationen angemeldet, darunter die Mayday-Parade. „Da kann sich aber noch einiges ändern bis zum 1. Mai, die Veranstalter reden noch miteinander“, sagte Polizeisprecher Michael Maaß. Ob er recht hat, wird sich am Sonntag zeigen. Dann treffen sich die Organisatoren der 18-Uhr-Demonstration mit Silke Fischer und Myfestlern zu einem vielleicht klärenden Gespräch.