CDU nah an rechts

VON VEIT MEDICK, HEIDE PLATEN
UND GEORG LÖWISCH

Günther Oettinger hat sich schon wieder distanziert – diesmal vom Studienzentrum Weikersheim. Das Haus ist wegen seiner Beziehungen zu ganz rechts umstritten. Der Ministerpräsident lasse seine Mitgliedschaft in dem Trägerverein des Zentrums ruhen, sagte ein Regierungssprecher von Baden-Württemberg der taz.

Zudem verlangte Oettinger vom Präsidenten der Einrichtung, Bernhard Friedmann, Aufklärung über die geplanten Auftritte des früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann sowie des Exchefs des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr, Reinhard Günzel. Mit Blick auf Zeitungsberichte dazu schrieb Oettinger an Friedmann: „Ich bitte Sie dringend um eine zeitnahe Stellungnahme, ob diese Berichte zutreffen und wie sie diese bewerten.“ Hohmann hatte nach einer als antisemitisch kritisierten Rede 2003 von Günzel Beistand erhalten. Die CDU schloss Hohmann aus, das Verteidigungsministerium trennte sich von Günzel.

Oettingers Schritt bringt auch andere CDU-Politiker in Zugzwang. Während Oettinger, wie er an Friedmann schreibt, seine Mitgliedschaft „offenbar kraft Amtes“ erworben habe, sind andere bekannte Christdemokraten nicht nur einfaches Mitglied, sondern gehören dem zwölfköpfigen Präsidium an: Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm, Bundestags-Fraktionsvize Arnold Vaatz, Stuttgarts Alt-Oberbürgermeister Manfred Rommel sowie der ehemalige Bundestagspräsident Philipp Jenninger. Präsident Friedmann war CDU-Bundestagsabgeordneter. Sie alle sitzen in einem Gremium mit dem umstrittenen Historiker Klaus Hornung.

„Hornung ist eindeutig dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen“, sagte der Politologe Richard Stöss von der FU Berlin. „Der schreibt so, der redet so.“ Hornung schreibt regelmäßig in der Jungen Freiheit. Zudem pflegt er Verbindungen zur Burschenschaft Danubia, deren Studenten von Bayerns Verfassungsschutz beobachtet werden. Hornung, 79, trat bei der Burschenschaft als Referent auf. Er sagte allerdings der taz, er sei nicht Mitglied. Und: „Die Kampagne gegen Weikersheim ist in sich selber totalitär.“ Den Exgeneral Günzel nannte er einen „Ehrenmann“.

Das Studienzentrum in Weikersheim, zwischen Würzburg und Heilbronn, hatte 1979 Hans Filbinger gegründet. Kurz zuvor war Filbinger wegen seiner Vergangenheit als Militärjurist im Nationalsozialismus zurückgetreten. Wegen Veranstaltungen mit Gästen aus dem äußerst rechten Spektrum gilt Weikersheim als Verbindungsglied zwischen rechtskonservativen Demokraten und der Neuen Rechten.

Baden-Württembergs Verfassungsschutzpräsident Johannes Schmalzl sagte gestern, sein Amt beobachte nicht das Zentrum. Allerdings habe man Hinweise aus der Überwachung anderer Gruppierungen darauf erhalten. Dazu gehört auch die „Gesellschaft für freie Publizistik“, die größte kulturpolitische Organisation der rechtsextremen Szene. Bei ihr ist auch Albrecht Jebens aktiv, langjähriger Geschäftsführer des Studienzentrums Weikersheim und heute noch Vizechef der Hans-Filbinger-Stiftung, die das Zentrum unterstützt. Der „Gesellschaft für freie Publizistik“ steht auch Hans-Helmuth Küttner nahe, der gemeinsam mit Stefan Winckler das „Handbuch Linksextremismus“ herausgegeben hat. Winckler sitzt ebenfalls im Weikersheim-Präsidium – zusammen mit den namhaften CDU-Politikern.

Auf taz-Anfrage wollten sich weder Schönbohm noch Vaatz dazu äußern, ob sie nach Oettingers Distanzierung ihre Haltung zu Weikersheim überdenken würden. Dem Tagesspiegel sagte Schönbohm mit Blick auf Vorwürfe, Weikersheim fordere rechtsextremes Gedankengut. „Ich halte diese Vorwürfe für unbegründet, ja abstrus.“