Nur jeder Dritte ging noch zur Urne

Sachsen-Anhalt stellte Negativrekord bei der Wahlbeteiligung auf. Zwei Drittel Nichtwähler. NPD profitiert davon

DRESDEN taz ■ Nicht nur die SPD in Sachsen-Anhalt muss die geringe Wahlbeteiligung vorausgeahnt haben, als sie ganz neutral plakatierte: „Bitte wählen Sie!“ Wer vor der Kommunalwahl in den neu zu bildenden Landkreisen herumkam, hörte von Frust und pauschaler Distanz zu jeglicher Politik. Am Sonntag interessierten sich schließlich nur 36,5 Prozent der Wahlberechtigten dafür, wer sie in den Kreistagen vertritt oder ihr Oberbürgermeister wird.

So wenig Resonanz fand bislang noch keine Kommunalwahl in der Bundesrepublik. Die Wahlbeteiligung liegt damit noch einmal mehr als 5 Prozent unter der vor drei Jahren. Einen Negativrekord hatte auch die Landtagswahl im vorigen Jahr mit 44,4 Prozent Beteiligung zu verzeichnen. Diese Distanz der Bürger beherrschte gestern das politische Echo in der Landeshauptstadt Magdeburg.

Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) konnte sich über den Wahlsieg seiner Union nicht sonderlich freuen. Im Sender MDR nannte er die Wahlbeteiligung „ärgerlich und erschreckend“. „Das ist kein schöner Tag für die Demokratie“, sagte Innenminister Holger Hövelmann (SPD). Gestern bezeichnete er es gar als eine „mittlere Katastrophe“, dass die Bürger nicht einmal zu Wahlen gingen, deren Ergebnis sie vor Ort betreffe. Linkspartei-Fraktionschef Wulf Gallert machte die Landesregierung wegen der Kürzung der kommunalen Finanzausstattung für die Wahlenthaltung mitverantwortlich.

Nur eine reichliche halbe Million abgegebener Stimmen entschied schließlich über den Wahlausgang. Die CDU konnte mit 33,6 Prozent trotz geringer Einbußen erneut ihre dominierende Stellung behaupten. SPD und Linkspartei.PDS liegen bei 20 Prozent annähernd gleichauf. Die FDP erreichte 8,4 Prozent, die Grünen bekamen 3,8 Prozent.

Mit Spannung war das Ergebnis der rechtsextremen Parteien beobachtet worden. Die NPD erzielte das von ihr erhoffte Ergebnis in der erwarteten Höhe und kam landesweit auf 2,5 Prozent. Statt mit bisher 2 Abgeordneten ist sie nun mit 13 Abgeordneten in sieben Kreistagen vertreten. In einigen Kreisen im Süden des Landes bedeutet das Fraktionsstärke, so im Burgenlandkreis, wo 4,7 Prozent der Stimmen auf die NPD entfielen. Hier bekam ihr Landratskandidat Andreas Karl sogar 5,1 Prozent.

„Wir können uns vernetzen und unsere Kreistagsarbeit landesweit koordinieren“, beschrieb Landesgeschäftsführer Matthias Heyder die Vorzüge des flächendeckenden Einzugs der NPD in die Kreistage. Dafür soll eine kommunalpolitische Vereinigung der NPD gegründet werden. Ministerpräsident Böhmer wollte den relativen Erfolg der NPD nicht überbewerten. Die Partei sei deswegen noch keine relevante politische Kraft im Land. MICHAEL BARTSCH