Berlin spendiert ein paar Säulen

Berlin und der Bund einigen sich bei Kosten zum Schlossaufbau: Das Land zahlt 32 Millionen Euro. Baustart ist 2010, Humboldt-Forum erhält eine Kuppel. Verlierer sind Landesbibliothek und HU

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Der Volkskammersaal ist selbst im Zustand der Auslösung noch für eine wegweisende Botschaft gut. Gestern haben der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (beide SPD) den ausgeräumten Saal im Palast der Republik als Kulisse genutzt, um die Zukunft des sogenannten Humboldt-Forums endgültig festzuklopfen. Danach steht fest: Der Schlossnachbau soll – samt Kuppel – ab 2010 realisiert werden. Die bislang offene Frage der Kostenbeteiligung ist geklärt. Berlin, das aus dem Finanzierungsboot Ende 2006 ausgestiegen war, steuert nun 32 der insgesamt 480 Millionen Euro bei. Ebenso ist die Nutzung entschieden.

Die große Sammlung der Außereuropäische Kulturen aus Dahlem wird den Löwenanteil des Hauses besetzen. Verlierer des Beschlusses sind die Zentrale Landesbibliothek Berlin und die Humboldt-Universität: Sie erhalten innerhalb der zirka 36.000 Quadratmeter Fläche lediglich rund 5.000 Quadratmeter Raum. Private Nutzer oder Betreiber wie zum Beispiel Hotels soll es im Neuschloss nicht geben.

Nach Ansicht Tiefensees hat die jetzige Einigung „dazu beigetragen, dass die Tür für das Projekt aufgestoßen werden konnte“. Der Bund wolle den Prestigebau „nun zügig vorantreiben“. Noch im Mai werde das Bundeskabinett darüber beraten. Tiefensee sprach von einem „Rückhalt des gesamten Kabinetts“ für das Projekt – sprich, der Finanzminister wird das Geld locker machen.

Die Ausschreibung für den Architektenwettbewerb erfolge in etwa drei Monaten, so der Bauminister. Die Architekten würden darin aufgerufen, auch „die jüngere Geschichte erlebbar zu machen“. Das bedeutet, dass die Palast-Ostfassade oder Teile des Volkskammersaals als Reminiszenzen an die DDR-Zeit rekonstruiert werden könnten. Außerdem kündigte Tiefensee den Kuppelbau über dem Westflügel an, der aus Geldgründen bisher in Frage gestellt war.

2013 sei vorgesehen, das Humboldt-Forum der Öffentlichkeit zu übergeben. Tiefensee forderte nun den dritten Geldgeber, den Verein Berliner Stadtschloss, auf, seinem Versprechen, 80 Millionen Euro für die Fassade beizusteuern, Taten folgen zu lassen.

Wowereit freute sich, dass die Einigung zustande gekommen sei, weil Berlin und der Bund sich „aufeinander zubewegt“ hätten. Dem Wunsch des Landes nach weniger Kosten habe der Bund mit der Übernahme von mehr Schlossfläche entsprochen. Die Stadt beteilige sich sozusagen an Baukosten für 5.000 Quadratmeter Nutzfläche und bringe zudem das Grundstück ein.

Innerhalb der nächsten drei Monate werde Berlin ein Konzept vorlegen, wie es seine Flächen genau nutzen wolle. Außerdem beginne das Land laut Wowereit mit der Rückzahlung an den Bund erst im Jahr 2012 „und damit erst in der nächsten Legislaturperiode“.

Wasser in den Schlosswein gossen gestern die Grünen, die Linkspartei und Mitarbeiter der Landesbibliothek. Laut Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig stehe die Finanzierung des Humboldt-Forums auf wackligen Füßen. Der Bundestag werde es kaum akzeptieren, dass Berlin mit 32 Millionen Euro nur knapp 7 Prozent der erforderlichen 480 Millionen Euro aufbringe.

Die Flächenverkleinerung insbesondere für die Landesbibliothek kritisierten Mitarbeiter als „nicht hinnehmbar“. Damit sei das ehrgeizige Bibliotheksprojekt für die größte Landesbibliothek Deutschlands gescheitert. Linkspartei-Fraktionschefin Carola Bluhm forderte erneut eine Diskussion des Gesamtkonzepts, „das einer metropolitanen Bibliothek Rechnung tragen muss“.